Neben "han" (er) und "hon" (sie) gibt es im Schwedischen die Mischform "hen".

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Ist Kivi nun ein Bub oder ein Mädchen? Das war die brennende Frage, als 2012 in Schweden das Kinderbuch "Kivi und der Monsterhund" von Jesper Lundqvist erschien. Der Autor hatte die Hauptfigur mit dem Pronomen "hen" bezeichnet: einer Mischform aus "han" (er) und "hon" (sie), die verwendet werden kann, wenn das Geschlecht irrelevant oder unbekannt ist – aber auch wenn Personen keinem Geschlecht zugeordnet werden wollen oder können.

Eigentlich hat "hen" seinen Ursprung bereits in den 1960er-Jahren, als es schwedische Linguistinnen und Linguisten zur Vereinfachung der Formulierung "han eller hon" ("er oder sie") empfahlen. Die Inspiration kam aus dem Finnischen, wo – wie in einigen anderen Sprachen – bei den Pronomen kein Unterschied zwischen männlich und weiblich gemacht wird. Damals setzte es sich in Schweden allerdings nicht durch.

Um die Jahrtausendwende wurde es dann vor allem von queer-feministischen Kreisen aufgegriffen, um die binäre Geschlechterordnung infrage zu stellen. Für große Aufregung sorgte das Pronomen aber durch Lundqvist, der mit der Verwendung in seinem Kinderbuch den Anstoß für eine tiefgreifende Debatte über Geschlechtersensibilität in Schweden lieferte.

Einige warnten vor "jugendgefährdender Gender-Hysterie", andere befürchteten die völlige Abschaffung der Kategorie Geschlecht in der schwedischen Gesellschaft. Die rechten Schwedendemokraten stellten klar, "hen" nie verwenden zu wollen.

Doch das Wort war bereits auf dem Vormarsch und verbreitete sich vor allem in Teilen der jungen und urbanen Bevölkerung. Auf diese Entwicklung reagierte man schließlich offiziell: Im April 2015 wurde "hen" in die "Svenska Akademiens Ordlista", vergleichbar mit dem Duden, aufgenommen. Eine Verpflichtung, es zu verwenden, gibt es freilich nicht.

Heute findet man "hen" täglich in Zeitungen, sieht es in Werbungen in öffentlichen Verkehrsmitteln. Auch Universitäten, Schulen und Kindergärten setzen verstärkt auf den Gebrauch des Wortes. Oft erntet man dafür noch böse Blicke. Die große Debatte darüber ist aber verstummt.

Ob so etwas auch im Deutschen möglich wäre? Im Gegensatz zur deutschen Sprache erkennt man im Schwedischen das Geschlecht nur am Pronomen, bei den meisten Hauptwörtern wird nicht zwischen männlicher und weiblicher Ausprägung unterschieden: Günstigste Voraussetzung also für eine Diskussion über gendergerechte Sprache, die sich nicht in Details verliert – und bei der klar ist, dass es mehr um ein politisches Statement geht als um Grammatik. (Noura Maan, 6.3.2016)