Der neu entdeckte Timurlengia euotica ist ein Missing Link in der Entwicklung der Tyrannosaurier. Sein Schädel deutet darauf hin, dass die Saurier zuerst intelligent und dann erst riesengroß wurden.

Illustration: Todd Marshall

Edinburgh/Raleigh – Tyrannosaurus rex ist längst fixer Bestandteil der Populärkultur, sogar eine englische Rockband nannte sich so. Das kommt nicht von ungefähr: T. rex konnte mehr als zwölf Meter lang werden und bis zu sieben Tonnen schwer, was ihn zu einem der größten Fleischfresser machte, die je auf der Erde lebten.

Seit seiner ersten Beschreibung durch Henry Fairfield Osborn im Jahr 1905 wurden hunderte Fachartikel über "König Königsechse" (so die wörtliche Übersetzung seines wissenschaftlichen Namens) verfasst. Dennoch sind einige Fragen rund um den wohl besterforschten Dinosaurier nach wie vor nicht vollständig beantwortet.

Eine davon betrifft seine Vorgeschichte. Man weiß zwar, dass die mächtigen Tiere in der Oberkreide vor 68 bis 66 Millionen Jahren lebten. Die ersten Vertreter der Tyrannosauroidea lebten freilich bereits vor 170 Millionen Jahren und waren kaum größer als Menschen. Tyrannosaurus rex rund 100 Millionen Jahre später war ein Gigant. Doch wie entwickelten sich seine Vorfahren zu diesen riesigen und durchaus intelligenten Kolossen?

Mögliche Antworten auf diese Frage liefern in Usbekistan entdeckte Fossilien einer bisher unbekannten Dinosaurierart, die vor etwa 90 Millionen Jahren lebte. Timurlengia euotica, so der wissenschaftliche Name der neu entdeckten Spezies, war nur etwa so groß wie ein Pferd und wog in etwa 250 Kilogramm.

Entsprechend klein war auch der Schädel des Dinosauriers, der insgesamt einer Miniausgabe von T. rex recht ähnlich sah. Genau das macht Timurlengia euotica zu einer Art Missing Link in der Evolution von Tyrannosauriern, wie ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Steve Brusatte (Universität Edinburgh) im Fachblatt "PNAS" berichtet.

Besonders der Schädel hat es den Paläontologen angetan, der über ein bereits verhältnismäßig großes Gehirn und extrem scharfe Zähne verfügte. Und auch die Form des Kopfes lässt darauf schließen, dass sein Besitzer über ähnliche kognitive und sensorische Fähigkeiten verfügte wie Tyrannosaurus rex rund 25 Millionen Jahre später. Insbesondere das Gehör war weit besser entwickelt als bei den meisten heute lebenden Tieren.

Für Steve Brusatte ist damit offensichtlich, dass die Vorfahren von T. rex erst einmal ihre Intelligenz und ihre Sinne schärften, ehe sie wuchsen. In seinen eigenen Worten: "Tyrannosaurier mussten zuerst klug werden, ehe sie groß wurden."

Differenz der Geschlechter

Relativ wenig ist bis jetzt auch über die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Vertretern von T. rex bekannt. Das größte bekannte Skelett eines Tyrannosaurus heißt zwar Sue, doch dieser T. rex ist nach seiner Entdeckerin Susan Hendrickson benannt. Ob Sue tatsächlich ein Weibchen war, ist unklar.

Die US-Paläontologin Mary Schweitzer könnte nun aber bei einem trächtigen T. rex, der im US-Bundesstaat Montana ausgegraben wurde, einen chemischen Marker für das weibliche Geschlecht gefunden haben. Da einer der Röhrenknochen beim Transport zerbrach, analysierte Schweitzer das Gewebe und konnte mittels komplexer Methoden Keratansulfat identifizieren, wie sie im Fachblatt "Scientific Reports" berichtet. Das Besondere daran: Keratansulfat kommt auch im Gewebe der Knochenmarkhöhle heute lebender Vögel vor – und zwar nur bei Weibchen. (Klaus Taschwer, 16.3.2016)