Blick in einen Ultrakurzpulslaser. Aus zufälligen Fluktuation wächst eine periodische Kette intensiver Laserpulse. Entscheidend dafür ist ein nichtlinearer Prozess im Titan-Saphir-Kristall (Mitte, rötlich).

Foto: Georg Herink, Universität Göttingen

Göttingen – Ultrakurzpulslaser sind als Präzisionswerkzeuge aus der modernen Grundlagenforschung nicht mehr wegzudenken. Sie spielen etwa in der Automobilindustrie eine ebenso maßgebliche Rolle wie in der Augenheilkunde. Das Licht dieser intensivsten und schnellsten optischen Signale unterscheidet sich grundlegend von üblichen, einfarbigen Laserstrahlen: Es besteht aus einem Regenbogenspektrum, und je kürzer der Puls, desto reicher sind die Farben. Wie es zu diesem bunten Farbenspiel kommt, war allerdings bisher unklar. Wissenschafter der Universität Göttingen und der University of California in Los Angeles haben nun erstmals die Entstehung dieses "Regenbogens" in Echtzeit und mit einer Bildrate von 90 Millionen Schnappschüssen pro Sekunde festhalten.

Ein stabil laufender Ultrakurzpulslaser zeichnet sich durch eine streng periodische Kette von ausgesandten Lichtblitzen aus. Der Start eines jeden Laservorgangs hingegen ist unregelmäßig, hochgradig komplex und einzigartig – er entwickelt sich aus einem Gewirr zufälliger Fluktuationen. Um diesen Vorgang zu verstehen, nutzten die Forscher die derzeit schnellste Spektrometertechnik weltweit: Sie erfasst lückenlos das Stakkato von hunderttausenden von Pulsen mit Abständen von wenigen Milliardstel Sekunden und macht das Farbspektrum jedes einzelnen Pulses sichtbar.

Laserlicht in Farben zerlegt

Die Wissenschafter verwendeten bei ihrer Messung einen Trick: In einer Glasfaser läuft das Licht einer jeden Farbe mit einer anderen Geschwindigkeit. Ein kurzer "weißer" Puls zerfließt so entsprechend seiner Farben zu einem zeitlichen Regenbogen. Mit einer kilometerlangen Glasfaser konnte das Team so die Farbspektren jedes Pulses in gestreckte Zeitsignale umwandeln und mit spezieller Hochgeschwindigkeitselektronik festhalten. Somit ließ sich die komplette Entstehung des Regenbogenspektrums vieler Laserstarts beobachten und detailliert analysieren.

"Diese Echtzeitspektroskopie schließt eine Lücke in der Laserdiagnostik", erläutert Georg Herink, Erstautor der in der Fachzeitschrift "Nature Photonics" erschienen Studie. "Wir erhalten in Sekundenbruchteilen einmalige Einblicke in Lasersysteme und kurzlebige nichtlineare Effekte." So entdeckten die Forscher beispielsweise einen bisher unbekannten Mechanismus, bei dem das Wechselspiel zweier kleinerer Lichtpulse den Laser startet. Außerdem beobachteten sie, dass sich nicht zwangsläufig die intensivste Fluktuation zum Riesenregenbogen entwickelt: Aufgrund der komplexen Dynamik schafft es manchmal auch eine schwächere Störung und überholt im richtigen Zeitpunkt den ursprünglichen Favoriten. (red, 19.3.2016)