Die App stellt einem laufend Fragen.

Bild: Miitomo

Antworten können von Freunden gelesen und kommentiert werden.

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Die Individualisierungsmöglichkeiten reichen von Äußerlichkeiten bis zum Persönlichkeitsprofil und zur Computerstimme.

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Der Shop ist ein zentraler Bestandteil und nimmt Spielgeld wie Echtgeld an.

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Miis können einander in ihren Wohnzimmern besuchen.

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Die Welt ist gerettet: Man kann auch mit Miitomo Selfies machen!

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Nintendos erste und kostenlose Smartphone-App Miitomo für iOS- und Android-Geräte ist ein soziales Netzwerk, in dem Nutzer mit "Miis" genannten Avataren in Kontakt treten, über persönliche Dinge chatten und einander Fotos schicken. Wer aktiv ist, bekommt dafür virtuelle Münzen und kann dafür virtuelle Kleidungsstücke für sein virtuelles Abbild einkaufen. Kurz gesagt: Miitomo ist ein bisschen so, wie man sich ein Facebook vorstellt, das Nintendo entworfen hat. Witzig, schräg und wirft jede Menge Fragen auf.

Wer bist du?

Letzteres ist gewiss zweideutig gemeint. Einerseits ganz konkret: Im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken schreibt man hier keine Status-Updates oder startet Gruppenchats, sondern bekommt von der App laufend neue Fragen gestellt, die man beantworten kann. Was ist dein Lieblingsessen? Was hast du am Wochenende gemacht? Welchen Song hast du zuletzt gehört? Die Antworten darauf können dann alle Nutzer sehen, mit denen man verknüpft ist, die wiederum selbst Kommentare und Likes dazu abgeben können.

Dadurch erhält Miitomo auf Anhieb einen spielerischeren Charakter, als ein Facebook oder Twitter. Es geht nicht um globale Ereignisse, sondern persönliche Erlebnisse und Vorlieben, die man mit wenigeren, besser selektierten Freunden teilen und darüber kichern möchte. Und die eigens erstellten Miis lesen mit einer eigens justierten Computerstimme die Nachrichten vor und ergänzen sie mittels Texterkennungssoftware mit emotionalen Sätzen und Gesichtsausdrücken. "Was hast du letztes Wochenende gemacht?", fragt die App. "Party! Party!", antwortet man und die App fügt noch "Und es war so lustig, wie es klingt" hinzu, während der Mii einen Freudensprung macht.

Miitomo: Die Funktionen im Überblick.
Nintendo Mobile

Stalking light

Die eigens kreierten Miis können vom Scheitel bis zur Sohle individuell angepasst werden, aber selbst mit Fotovorlage vom eigenen Gesicht, sehen sie immer wie bemalte Luftballons aus. Basierend auf einem knappen Persönlichkeitsprofil wird dem Mii ein Wohnzimmer gebaut, in dem er andere Besucher empfängt und sie mit voreingestellten Phrasen begrüßt und verabschiedet. Man kann sich die Outfits des Kollegen vorführen lassen und seine gesammelten Antworten durchlesen. Stalking light, so zu sagen.

Für jede Aktion erhält man Spielmünzen, die man in neue Schuhe, Hüte oder Hosen investieren kann. Und kostet etwas zu viel, kann man auch echtes Geld einwerfen oder eine Art Pachinko-Glücksspiel zocken, um so ausgefallene Kostüme zu gewinnen. Willkommen in der Welt des Free2Play.

Selfie und Schimpfwörter

Gefällt man sich in Miis neuen Kleidern, darf man Fotos schießen – wahlweise mit künstlichen oder realem Hintergrund. Die App macht sogar spontan selbst Screenshots vom Avatar und überrascht einen mit witzigen Posen.

Nintendo betont, dass man keine Konkurrenz zu anderen sozialen Netzwerken sein will. Sämtliche Beiträge und Bilder lassen sich auf Facebook, Twitter, Instagram und auch per Email und Messenger teilen. Und neue Miitomo-Freunde können auch per Facebook und Twitter gefunden werden. Im ersten Test wirkte die durch die Fragen geleitete Konversation auch ein bisschen mehr wie ein spielerisches Kennenlernen, als ein sinnvolles Kommunikationswerkzeug. Spaß und Small-Talk stehen im Vordergrund. Ein Filter soll zudem dafür sorgen, dass es nicht zu rabiat zugeht. Im Versuch der anwesenden JournalistInnen gingen Wörter wie "Scheiße", "Penispumpe" und "Terroranschlag" allerdings problemlos durch. Warum auch nicht? Allerdings kennt man das bei Nintendo auch anders. Mag sein, dass die Zensoren noch nicht warmgelaufen sind oder man hier doch ein bisschen laxer zu Werke geht. Für Kinder unter 13 Jahren ist die App sowieso nicht gedacht.

Glücksspiel statt "Mario"

Auffällig ist, dass Miitomo für das Produkt eines Videospielherstellers kaum etwas zum Spielen bietet. Die Einbindung der Pachinko-Games wirkt mehr wie der Einfall eines Lotteriebetreibers, als eine Idee des "Super Mario"-Erfinders. Und spätestens hier kommt man zu der vielleicht wichtigsten Frage, die sich alle, nur nicht die Miis stellen: Was will Nintendo damit erreichen?

Der erste Eindruck nach einer Stunde Miitomo: Es ist das noch rudimentäre Gesicht einer neuen Online-Plattform des Konzerns, der das Internetzeitalter bisher so gekonnt verschlafen hat. Es ist das Ende von Nintendos Online-Einbahnstraßen, in denen Online-IDs an physische Geräte gebunden und nicht übertragbar sind und der Anfang plattformübergreifender Nintendo-Inhalte.

Fotos spielen eine wichtige Rolle: Man kann sowohl seinen Avatar als auch sich selbst mit seinem Mii ablichten.
Bild: Miitomo

Ein erster Schritt

Dazu gehört ein harter Schnitt mit der Vergangenheit. Nutzer können sich zwar mit ihren bestehenden Nintendo-Accounts einloggen bei Miitomo, aber auf vorhandenen Nintendo-Konsolen wie dem 3DS oder der Wii U kann man das Netzwerk nicht nutzen.

Mag sein, dass dies zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wird. Gut möglich aber auch, dass erst die nächsten Konsolen wie die NX davon profitieren werden. Wie sich Miitomo bis dahin weiterentwickelt, bleibt abzuwarten. Sollte es als Grundstein für eine Geräte-übergreifende Plattform gedacht sein, dürften inhaltliche Updates und vermutlich in dessen Fahrwasser auch die ersten echten Smartphone-Games folgen. Zum Start im März wirkt Miitomo noch wie ein origineller Kaffeetratsch mit großem Schlitz zum Geld einwerfen. Wenn dahinter eine neue und moderne Backend steht, soll es recht sein. Schade trotzdem, das zum Debüt in der Mobile-Welt ausgerechnet Nintendo kein spannendes Spiel bereithält. (Zsolt Wilhelm, 17.3.2016)

Miitomo erscheint noch im März für iOS und Android. Die Nutzung ist kostenlos, es gibt aber die Möglichkeit zu Mikrotransaktionen.