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Neandertaler – hier zwei bekannte Rekonstruktionen aus dem Neanderthal-Museum von Mettmann – waren nicht die einzigen Urmenschen, die Spuren im Genpool des Homo sapiens hinterlassen haben.

Foto: AP/Martin Meissner

Seattle/Wien – Für den größten Teil seiner etwa 200.000-jährigen Geschichte hat sich der Homo sapiens den Planeten mit anderen Menschenarten geteilt: etwa mit dem Neandertaler, dem Denisova-Menschen und dem Homo floresiensis, auch "Hobbit" genannt. Die beiden Letzteren wurden erst 2010 beziehungsweise 2003 entdeckt. Gut möglich also, dass wir noch auf weitere ausgestorbene Verwandte stoßen werden.

Getrennt und wiedervereinigt

Und die langen Zeiten der Koexistenz haben Spuren hinterlassen. Die verschiedenen Menschenspezies hatten einen gemeinsamen Ursprung und waren noch nah genug miteinander verwandt, um gemeinsame Nachkommen zu zeugen.

In jüngster Zeit hat sich eine ganze Reihe Studien damit beschäftigt, wie viel Erbgut anderer Menschen wir in unserem Genom tragen. Eurasier beispielsweise haben einen Anteil von einem bis vier Prozent Neandertaler-DNA. Für einige Konsequenzen dieser Vermischung dürfen wir dankbar sein: laut einer deutsch-französischen Studie vom Jänner etwa für eine Stärkung unseres Immunsystems. Andere hingegen sind ärgerlich – unter anderem eine höhere Neigung zu Depressionen, wie eine US-Studie im Februar konstatierte.

Weit weniger erforscht ist vorerst noch, wie stark der Genfluss vom Denisova-Menschen war, der vor gut 40.000 Jahren in Südsibirien lebte. Forscher der University of Washington haben nun im Rahmen einer internationalen Kooperation versucht, diese Wissenslücke zu schließen. Sie analysierten die Genome von 1523 Menschen quer über den Globus, berichtet Studienerstautor Benjamin Vernot im Fachblatt "Science".

Mehrere Genflüsse

Als besonders interessant erwiesen sich dabei die 35 untersuchten Melanesier. Die Bewohner des westpazifischen Bismarck-Archipels weisen als einzige der untersuchten Populationen neben Neandertaler-DNA auch noch einen bedeutenden Anteil Denisova-Erbgut auf, immerhin 1,9 bis 3,4 Prozent ihres Genoms.

Laut Vernot und seinen Kollegen kann die Studie mehr Klarheit in die vorerst noch sehr unübersichtliche Frage bringen, wie die globale Ausbreitung des modernen Menschen ablief und wie dies unsere Entwicklung beeinflusst hat. Dazu gehört auch dieses Detail: Vernots Genom-Analysen weisen darauf hin, dass sich Homo sapiens und Neandertaler zu mindestens drei verschiedenen Zeitpunkten miteinander vermischt haben.

Ausgenommen vom DNA-Austausch sind weite Teile der Bevölkerung Afrikas – also der Nachkommenschaft derer, die unsere Urheimat nie verlassen haben. In Afrika gibt es somit vielleicht die letzten Gebiete auf unserem Planeten, in denen der moderne Mensch noch, wenn man so will, in seiner unverfälschten Form vorkommt. (jdo, 18.3.2016)