Egal, welchen Sport man betreibt, nach dem Winter sollte man langsam beginnen, um den Körper nicht zu überfordern.

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Fast 20 Prozent der Österreicher schnüren regelmäßige ihre Laufschuhe. Und dennoch machen Sportler, die in der Frühlingsluft wieder mehr Bewegung machen, aus lauter Übermut viele Fehler. Einer der häufigsten ist das falsche Material. "Im Frühjahr denkt man, dass man eh mit den uralten Sportschuhen laufen kann, weil es anfangs ja egal wäre – und dann läuft man mit völlig falschen Schuhen und es treten Überlastungsprobleme überraschend rasch auf", sagt Sportmediziner Christian Gäbler von der Wiener Sportordination, die kommende Woche die Marathonläufer in Wien medizinisch betreut.

Dass an der Ausrüstung gespart wird, fällt auch Spitzenläuferin und Trainerin Elisabeth Niedereder auf. "Ich hab schon alles gesehen." Wenn Sportler nach dem Winter wieder mit dem Training beginnen, ist die Ausrüstung manchmal originell. "Da sind schon Läufer mit ihren Hallenfußballschuhen gekommen", erzählte sie.

Durch die regelmäßige falsche Belastung bleiben Muskel- oder Sehnenentzündungen nicht aus. "Am häufigsten ist beim Laufen die Achillessehne betroffen, aber auch andere Sehnen und Faszienstreifen", meinte Gäbler. "Daher: Wenn man laufen möchte, unbedingt in ein Fachgeschäft, das mit Läufern Erfahrung hat, und eine Laufbandanalyse machen", rät der Mediziner.

Selbstüberschätzung

Zu Beginn überschätzen sich die Hobbysportler häufig. Der Großteil ist zuschnell unterwegs. "Egal, um welche Sportart es sich auch handelt, oft hat man über den Winter nichts oder nur wenig getan – also langsam beginnen, die eigenen Grenzen wieder herausfinden. Beim Mountainbiken anfangs leichte Touren fahren und wieder Gefühl für das Bike bekommen, beim Laufen anfangs kürzere Einheiten planen, um Sehnen, Gelenke, Bänder und Knochen nicht überzubelasten", sagte Gäbler.

Denn während Muskeln relativ schnell durch das Training wachsen, dauert die Umstellung für Sehnen, Knochen und Bänder länger, erklärte Niedereder, die in ihrem Wiener Studio "Tristyle" Sportler professionell betreut und auch Trainer ausbildet. Der Körper kommt dann dem Leistungsniveau nicht hinterher. Den Fehler beobachtet auch die Organisatorin des Österreichischen Frauenlaufs, Ilse Dippmann: "Ich kann die Fitness, die ich zehn, 20 Jahre vernachlässigt habe, nicht in zehn Tagen wieder wettmachen."

Neben einem Gesundheitscheck beim Arzt raten die Experten, sich professionelle Hilfe vor allem beim Wiedereinstieg ins Training zu suchen. "Oft wird im Frühjahr mit Training im Fitnesscenter begonnen, ohne jegliche Anleitung auf Geräten trainiert – das kann nicht funktionieren, da sehen wir Ermüdungsreaktionen der Sehnen und Muskulatur bis hin zu Muskelrissen", meinte Gäbler. Bei Läufern sind etwa Ermüdungsbrüche, die typischerweise im Unterschenkel vorkommen, keine Seltenheit.

Unschätzbare Tipps vom Profi

Die häufigste Form einer Überforderung ist der Muskelkater. Nach einem Marathonlauf etwa ist das Immunsystem oft über Tage bis Wochen beeinträchtigt. "Die Motivation geht verloren, wenn man zu schnell zuviel will", meint Niedereder. "Ich war bei meinem ersten Training nach 200 Meter laufen außer Atem", erzählte Dippmann. Mittlerweile hat sie bereits 30 Marathons absolviert. Sie rät zu kleinen Teilzielen. "Dabei kann man es durchaus zulassen, langsam zu laufen oder sogar Teilstücke nur zu gehen", meinte Dippmann.

"Ruhig ein bisschen was investieren in die Gesundheit, das ist besser als ein Jahr in einem Billigstudio", ist Profisportlerin Niedereder überzeugt. Einen Trainer um Unterstützung zu bitten, sei ein Trend. "Ja und das ist auch vernünftig so, denn ein Profi hat unschätzbare Tipps parat", sagte Gäbler. Für Menschen sei es ganz wichtig Ziele zu setzen, meinte der Mediziner. "Die wenigsten können tagein, tagaus ohne Ziel trainieren." (APA, 4.4.2016)