Perugia – Besorgte Debatten über den Zustand der Branche gehören zum guten Ton einer jeden Journalistenkonferenz. Und so treffen sich auch in diesem Jahr im italienischen Perugia Journalisten, Forscher und Aktivisten, um zu diskutieren, ob unabhängiger und investigativer Journalismus Zukunft hat.

Dass sich die Medien, klassische wie neue, im Umbruch und in einer Krise befinden, ist inzwischen Konsens und bedarf keiner weiteren Podiumsdiskussion. Erfrischend und notwendig ist allerdings der Einwurf, dass ein verklärender Blick in die Vergangenheit ebenso obsolet ist.

Spätestens wenn das Thema der Unabhängigkeit aufkommt, wird klar, dass wir zusätzlich zur einer Marktkrise noch immer mit vielen vermeintlich alten und überholten Problemen zu kämpfen haben, erinnerte am Mittwoch in Perugia der unabhängige Medienberater Sameer Padania. Als Beispiele nannte Padania Indien als die weltgrößte Demokratie, in der jedoch Pressefreiheit "nur eingeschränkt" existiere, und die besorgniserregenden Entwicklungen der vergangenen Jahre und Monate in der Türkei.

Unabhängige Medien als Gemeingut

Mit vergleichsweise jungen Demokratien und ihrem Umgang mit Medienfreiheit und journalistischer Unabhängigkeit befasst sich Jeremy Druker, Leiter der nichtstaatlichen Organisation TOL. Die in Prag ansässige NGO schult und berät Journalisten in den postkommunistischen Ländern Zentral-, Ost- und Südosteuropas sowie Zentralasiens. "Wir reden über Ethik im Journalismus und zeigen ihnen neue, innovative Tools, doch dann gehen die Journalisten in Länder zurück, in denen es schlicht keine Geld für unabhängigen Journalismus gibt", beklagt Druker.

Crowdfunding sei das Rettungsmodell der Stunde: Gute Reporter müssten lernen, sich selbst und ihre Geschichten zu verkaufen, so Druker. Potenzielle wohlhabende Spender sollten unabhängige Medien wie andere Gemeingüter betrachten und sie ähnlich wie das Gesundheits- oder Schulwesen finanziell unterstützen.

Idealisten ohne Geld

Crowdfunding kann kein Allheilmittel sein, warf Gabriela Manuli, stellvertretende Direktorin des Global Investigative Journalism Network (GIJN), ein. Gute Journalisten seien oft Idealisten, die "wenig Ahnung vom Geld und Geldverdienen" hätten, so Manuli. Außerdem seien wichtige und gute Aufdeckergeschichten oft schwer zu verkaufen: "Sie bringen wenig Klicks, obwohl sie auf lange Sicht die Welt verändern und Leben retten können", betont die GIJN-Direktorin.

Aufmerksamkeit für solche Geschichten könne man auch auf anderen Wegen erzeugen, etwa durch Kunstprojekte, die aus investigativen Recherchen entstehen: "Think outside the Box", fordert Manuli.

Integrität des Einzelnen

Neben neuen Finanzierungsmodellen und der Stärkung der Demokratie sei noch immer die Integrität der einzelnen Journalisten der wichtigste Faktor für einen unabhängigen Journalismus, sagte abschließend Kate Ferguson, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Cambridge. Ferguson, die Massengewalt und Kriegsverbrechen erforscht, betonte noch einmal die integrative Rolle unabhängiger Medien: Diese können dabei helfen die Spaltung der Gesellschaft und zukünftige Konflikt zu vermeiden. (Olivera Stajić, 7.4.2016)