Bei einem Sportunfall gestürzt und hart mit dem Schädel aufgeschlagen, im Straßenverkehr schwer mit dem Motorrad verunglückt: Schädel-Hirn-Verletzungen sind bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen die häufigste Ursache für Tod und bleibende Behinderungen. Bei den Überlebenden verschlimmern sich die Hirnschäden direkt nach dem Unfall in der Regel noch weiter. Bisher kennt die Medizin keine therapeutischen Möglichkeiten, um das zu verhindern.

Eine mögliche Lösung beschreiben Würzburger Wissenschaftler unter der Leitung der experimentellen Neurochirurgin Anna-Leena Sirén und des Neurologen Christoph Kleinschnitz im Fachmagazin "Annals of Neurology": Demnach könnte die Hemmung des Blutgerinnungsfaktors XII das Fortschreiten der Hirnschäden vielleicht stoppen.

"Durch eine Kooperation mit der Universität Uppsala im europäischen Forschungsverbund CnsAflame erhielten wir Gewebeproben von Schädel-Hirn-Trauma-Patienten und untersuchten sie", erläutert Sirén. Dabei zeigte sich, dass in den Gehirnen der Patienten besonders häufig Blutgefäße durch Blutgerinnsel verstopft sind.

Weniger Folgeschäden bei Mäusen

Darin vermutete das Forschungsteam die Ursache für das Fortschreiten der Hirnschäden. Es untersuchte den Sachverhalt weiter an Mäusen, deren Blut nicht gerinnt, weil der dafür wichtige Faktor XII fehlt. "Gefäßverstopfungen und posttraumatische Folgeschäden waren hier deutlich vermindert", erläutert die Biologin Christiane Albert-Weißenberger. Ebenfalls schützend wirkte die Unterdrückung der Blutgerinnung durch einen Faktor-XII-Hemmstoff mit dem Namen rHA-Infestin-4.

"Bei Verwendung dieses Hemmstoffs konnten wir keine Blutungen beobachten, das ist sehr wichtig für die Anwendungssicherheit", erklärt die Apothekerin Sarah Hopp-Krämer, die in der Arbeitsgruppe von Kleinschnitz ihre Doktorarbeit über dieses Thema schreibt. Blutungen sind bei Schädel-Hirn-Verletzten eine häufige Komplikation, so dass therapeutische Wirkstoffe keinesfalls Blutungen auslösen dürfen.

Das Fazit des Teams: Die neuen Erkenntnisse seien ein großer Schritt hin zur Entwicklung neuer Therapien für Schädel-Hirn-Verletzte. "Die Gewebeproben der Patienten haben uns dafür wertvolle Hinweise geliefert", so Kleinschnitz. Doch bevor Unfallopfer möglicherweise von dem neuen Wissen profitieren können, wird es noch einige Jahre dauern. Weitere Tests seien nötig. Unter anderem gelte es, die Langzeitwirkung des Hemmstoffs rHA-Infestin-4 zu erforschen. (idw, 13.4.2016)