Unbewegliche Gestalten, aber unheimlich zufrieden damit: "Die Hockenden" (Tino Hillebrand und Laurence Rupp, v. li.).

Foto: APA / Georg Hochmuth

Wien – Für ihre Dorf-Polyfonie Die Hockenden wurde die 30-jährige österreichische Autorin und derzeit Studierende an der Akademie der bildenden Künste Miroslava Svolikova im Vorjahr mit dem vom Verein uniT initiierten Retzhofer Dramapreis ausgezeichnet (ex aequo mit Özlem Özgül Dündar). Damit war im Rahmen einer Zusammenarbeit das Ticket für die Burgtheater-Uraufführung gelöst (Vestibül), ebenso für die deutsche Erstaufführung am Schauspiel Leipzig noch in diesem Jahr.

Das Stück generiert anstelle einer Handlung oder Entwicklung vielmehr eine Stimmung. In einer Textpartitur, die gekonnt mit Wiederholungen arbeitet, wird ein unheimlicher Zustand greifbar, ein Stillstand, in dem sich die nur unbestimmt als "ein besprochener" oder "ein alteingesessener" bezeichneten Figuren in fröhlicher Gefangenschaft zeigen: "für alles ist gesorgt hier, nichts muss man tun, es reicht, da zu bleiben, wo man ohnehin schon steht, und der zu sein, der man schon ist, und sich nicht zu rühren, weil man immer schon richtig steht, da wo man ist (...)."

Geschenk an die Regie

Das Stück samt seiner präzisen, schmucklosen Sprache ist ein Geschenk an die Regie, Alia Luque hat es inspiriert angenommen. Die katalanische, in Deutschland arbeitende Regisseurin übersetzt die Atmosphäre dieser immobilen Dorfgemeinschaft für die Vestibül-Bühne auf berückende Weise.

Alle Figuren sind bewegungsgestört: Fährt der "alteingesessene" (Branko Samarowski) mit seinem Geriomobil hie und da nach vor an die Rampe, so handelt es sich bei "den anderen" gleich um leblose Puppen aus dem Österreich-Fundus (Mozart, Freud, Conchita u. a). "die hockenden" selbst wiederum sind zwei in Rollstühlen sitzende Trollmenschen in Tracht (Tino Hillebrand und Laurence Rupp), die in ihrer Auenland-Putzigkeit alle Blicke auf sich ziehen (Kostüme: Ellen Hofmann).

Welt erschütternd komische Unbedarftheit

Das Zusammenspiel von Puppenkörper und überengagierter Kindchenmimik der Schauspielerköpfe wirkt enorm, es bringt die sorglose Hoffnung, ja Unbedarftheit dieser Welt erschütternd komisch zum Ausdruck. Denn in nächster Umgebung werden Wirtshäuser in Brand gesteckt, hört man, aber getan wird nichts. Kein Wunder, die Hobbitgestalten können in ihren "Sperrsitzen" einander kaum die Hände reichen.

Mit offenen Mündern heften sie die Augen auf "den besprochenen" (Marcus Kiepe), ihrem Hoffnungsträger am Rollator, der auf der ockergelb-sonnigen Bühne (Christoph Rufer) selbst nur taumelt. An so einen halten sie sich?! Ja, sie glühen vor Freude. (Margarete Affenzeller, 14.4.2016)