Alexander Dombrowski arbeitete früher auf der Bühne und in der Werbebranche. Und dann wurde er obdachlos. Im Obdachlosenwohnhaus Neunerhaus in Wien-Landstraße kann er noch einmal bei null anfangen.

"Ich wohne im Neunerhaus in der Hagenmüllergasse. Das ist eine Institution für obdachlose Menschen, die hier für zwei bis maximal drei Jahre eine kleine Wohnung bekommen – sozusagen als Starthilfe für ein neues Leben mit Dach über dem Kopf. Ich bin dankbar, hier wohnen zu können. Das ist eine kleine, aber großartig geschnittene Dachgeschoßwohnung im sechsten Stock, mit 27 m², einem Wohnbereich, einer Kochnische, einem abgetrennten Bad und richtig viel Licht. Diese Wohnung macht mir Hoffnung, nach vielen Jahren am Tiefpunkt wieder Fuß fassen zu können. Mit Tiefpunkt meine ich Obdachlosigkeit und Gefängnis. Ich war ganz oben, und dann war ich ganz unten. Ich habe den tiefen Fall am eigenen Leib gespürt. Das tut verdammt weh.

"Die Zeichnungen sind ein Farbklecks in meinem Leben. Und sie sind der Beweis, etwas geleistet zu haben." Alexander Dombrowski und Hündin Lucy in seiner Wohnung auf Zeit.
Foto: Lisi Specht

Ich habe Schauspiel studiert, war zu Beginn auf der Bühne tätig, und durch Zufall bin ich in die Werbebranche gekommen, wo ich Werbefilmregie gemacht habe. Es war ein Jetset-Leben mit wenig Zeit und vielen Stunden im Flugzeug und auf Meetings. Ich habe in dieser Zeit mördermäßig gut verdient. Doch irgendwann konnte ich dem kreativen Druck nicht mehr standhalten. Dann kamen Drogen und Alkoholismus ins Spiel, es folgten Autounfälle, eine ausgebrannte Wohnung, schließlich zahlreiche Entzüge. Eines Tages konnte ich die Steuern und Versicherungen nicht mehr zahlen, der Schuldenberg wurde größer und größer. Ein Teufelskreis.

Heute kann ich sagen: Ich wurde vom Geld korrumpiert. Und leider habe ich nicht erkannt, wie krank ich war, wie die Sucht von mir nach und nach Besitz ergriffen hat. Wieder ein Bett, eine Kochstelle, eine Dusche, eine Heizung und Privatsphäre zu haben ist nach all diesen Erfahrungen und Ängsten ein Geschenk. Nein, diese Sachen sind keine Selbstverständlichkeit. Mit manchen, die hier wohnen, konnte ich schon Freundschaften schließen. Es wohnen interessante Menschen hier. Manche kommen aus der Gastronomie, aus dem Einzelgewerbe, aus dem Lebensmittelhandel und so weiter.

Foto: Lisi Specht

Die meisten Möbel waren schon da. Die gehören zum Inventar, sind schön und funktional. Ein paar Sachen – die Kommode, die Sessel, die Lampen – habe ich von meiner Mutter geerbt. Das sind wichtige Symbole, an die ich mich heften und mit denen ich mich zu Hause fühlen kann. Es gibt noch ein paar weitere Möbelstücke, aber die haben hier keinen Platz. Die habe ich bei Freunden untergestellt.

Die Lampenschirme und Rollobilder habe ich alle selbst gestaltet. Das sind Zeichnungen, die ich mit Kugelschreiber, Kreide und Lippenstift gemacht habe. Mit allem, was man grad hat, wenn man nichts hat. Sie sind ein Farbklecks in meinem Leben. Und ein Beweis mir selbst gegenüber, etwas geleistet zu haben. Am liebsten zeichne ich Schiffe und Tiere. So wie meine kleine Hundedame Lucy, halb Mops, halb Terrier. Die ist mir vor fünf Jahren in der U4-Station Kettenbrückengasse zugelaufen und begleitet mich seither. Sie war schon als Welpe mehr breit als lang.

Foto: Lisi Specht

Bis 19. Dezember darf ich hier wohnen bleiben. Dann muss ich mir eine eigene Wohnung suchen. Entweder ich finde eine Gemeindewohnung. Oder ich bekomme die Möglichkeit, in eine betreute Wohnung zu ziehen. Eine Betreuung wäre schön. Die würde mir Sicherheit geben, nicht wieder rückfällig zu werden. Es wird weitergehen. Irgendwie wird es weitergehen. Da bin ich mir sicher. Ohne Optimismus hätte ich dieses Leben nicht überlebt. Und ich habe sogar einen Traum! Ich habe eine richtige Radio- und Hörbuchstimme. Das wird mir immer wieder gesagt. Am liebsten würde ich Lesungen halten." (25.4.2016)