Das patentierte System Ubuild: Holzmodule aus vorgefertigten, pass- und millimetergenauen Teilstücken, ...

Foto: Jan Marot

... die es erlauben sollen, ganze Häuser in nur zwei bis drei Tage selbst zusammenzubauen.

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Das nötige Werkzeug beschränkt sich – rein theoretisch – ...

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... auf einen Schraubenzieher, besser noch: auf einen potenten Akkuschrauber.

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Für seinen Erfinder Alberto Corral ist dieser quasi das Pendant zu Ikeas legendärem Inbusschlüssel.

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Video: Das System Ubuild.

Es ist ein bisschen wie Lego – und erinnert an die Ikea-Mentalität des "Do it yourself". Das sind zwei der skandinavischen Wurzeln des unlängst patentierten Systems Ubuild. Die vorgefertigten, pass- und millimetergenauen Teilstücke sollen es selbst Laien ermöglichen, ihren modularen Hauseigenbau in Rekordzeit von nur zwei bis drei Tagen in die Höhe zu schrauben.

Akkuschrauber statt Inbusschlüssel

Der Vorstellungskraft sind dabei kaum Grenzen gesetzt, abgesehen davon, dass man aus Holz wohl kaum einen Wolkenkratzer bauen wird können. Die Wohnflächen sind variabel, auch ein, zwei, drei Stockwerke problemlos umsetzbar, betont der Erfinder, Alberto Corral, aus dem nordwestspanischen La Coruña mit knapp 240.000 Einwohnern. Der Architekt, Jahrgang 1963, ist "überzeugter Idealist", sagt er dem STANDARD. Er betreibt ein kleines, aber feines Büro in der galicischen Hauptstadt.

Damit nicht genug: Das nötige Werkzeug beschränkt sich – rein theoretisch – auf einen Schraubenzieher. Besser noch: auf einen potenten Akkuschrauber. Für seinen Erfinder ist dieser quasi das Pendant zu Ikeas legendärem Inbusschlüssel, wenngleich ein solcher weitaus weniger Blasen an den Händen und wohl auch weniger graue Haare beschert.

Der Heureka-Moment

Corral hat an der Technischen Hochschule ETSA studiert, ehe er einmal quer durch Europa reiste, "um alles an Architektur zu verinnerlichen, was er kann", wie er sich erinnert. In den Sommermonaten arbeitete er 1986 und 1987 noch zu Studienzeiten im schwedischen Göteborg sowie bei den Londoner ISER Architects, wo er Erfahrungen sammelte – ehe er sich selbstständig machte.

Das Eigenbau-Eigenheim sei "sein Baby". Jahrelang habe er daran gegrübelt, nachdem er in einer Möbeltischlerei Varianten der perfekten Verbindung von Holzelementen sah und einen Heureka-Moment verspürte. "Das, was im Kleinen geht, könne man ja auch im großen Maßstab nutzen", dachte er sich. Es folgten Geometrie-Rechnungen en masse, und sukzessive nahm Ubuild eine Form an.

Symbiose mit der Natur

Dabei bleibt Corral seiner Philosophie treu – nämlich seinen Anspruch an Architektur in eine globale Vision über die Bedürfnisse der Gesellschaft zu betten und dabei eine Symbiose mit Natur und Nachhaltigkeit einzugehen. Der Erfinder ist fest davon überzeugt, mit Ubuild den Zahn der Zeit zu treffen. Das Eigenheim hat in Spanien Tradition, wenngleich mit der tiefen Wirtschaftskrise vor allem der jungen Generation hierfür das Budget und oft auch eine langfristige Perspektive fehlen.

Real umgesetzt wurden bislang allerdings nur wenige Prototypen. Doch dafür gibt es bereits dutzende unterschiedliche Entwürfe – etwa für Arbeiter-Eigenbausiedlungen für 1000 Menschen in der chilenischen Atacamawüste mit ihren extremen Temperaturschwankungen von 40 Grad Celsius zwischen Tag und Nacht oder für ein Wasserkraftwerk-Projekt im Regenwald Boliviens, wo die Arbeitskräfte rasch und bequem Unterkunft finden sollen.

"Leicht, langlebig, atmungsaktiv"

Zwei Pilothäuser stehen derzeit in der Tischlerei von Outeiro de Rei, die mit der Fertigung der Ubuild-Elemente beauftragt ist. Aber auch eine Unterkunft für die Rettungsschwimmer an einem See bei As Pontes hat Corral bereits in die Tat umgesetzt. Seit der Patentanmeldung und einem erschienenen Artikel in der Lokalzeitung La Voz de Galicia gingen jedoch unentwegt Anrufe Interessierter ein, freut er sich.

"Holz ist leicht und langlebig, sofern man es richtig behandelt", sagt Alberto Corral. "Noch dazu ist es atmungsaktiv. Das ist schlichtweg der perfekte Baustoff." Bei seinen ziegel- und betonaffinen Landsleuten wird es aber noch einiges an Überzeugungsarbeit bedürfen, um sie von Ubuild zu überzeugen. Verbinden doch Spanier mit Ziegeln Fortschritt, wohingegen sie in Holz neben Feuergefahr auch Probleme mit dessen Lebensdauer und Feuchtigkeit sehen. "Nein! Holz überdauert Jahrhunderte. Doch das ist hierzulande nur den wenigsten bekannt."

Corrals Vision: Mit einem günstigen kleinen Modell könne sich ein junges Paar ein erstes Eigenheim errichten und dies je nach Bedarf und Nachwuchs nach und nach modular ausbauen. Kommen sie dann selbst in die Jahre und emanzipieren sich die Kinder, dann wäre beispielsweise ein Schlaf- oder Wohnzimmermodul die perfekte Mitgift, meint Corral.

Ausbaufähige Modelle

Zudem wären Ubuild-Häuser auch für Katastrophenhilfseinsätze ideal – etwa für Spitäler, Schulen oder eben als Unterkünfte für Betroffene und Helfer. Braucht es doch nicht einmal einen Baukran. Der Clou dabei: Die meisten Teilstücke können allein gehoben werden. Für die schweren Balken reichen ein, zwei Personen aus. Geschraubt wird allein. Aktuell ist das spanische Militär, das just in La Coruña die Basis der Logistikeinheiten beheimatet, am System interessiert. Die möchte Ubuild für eine Forschungsstation in der Antarktis benützen. Corral: "Wenn ich hierfür den Zuschlag bekomme, dann platze ich vor stolz."

Gedeckt wird ein Ubuild-Modul mit Ziegelschindeln oder Blechdach – oder einfach nur mit einer handelsüblichen, witterungsfesten Lkw-Plane aus PVC. Die Idee hatte Corral, als er in La Coruña einen der vielen Sattelschlepperzüge vorbeifahren sah. Hohle Wandmodule und hinterlüftete Fassadenelemente sollen Feuchtigkeit und Temperatur ableiten. Eingeschlossene Luftkanäle, die man je nach Wetterlage öffnen und schließen kann, ermöglichen eine gewisse Kontrolle der Raumtemperatur. Und auch an Strom- und Wasserleitungen hat der Erfinder gedacht. Diese lassen sich in die Eckpfeiler sowie in Wand- und Bodenteile integrieren.

Gut gegen Starkwind

Massive Schrauben, die sich in den Boden drehen, sollen als Fundament dienen und dabei den Kontakt zum Untergrund auf ein Minimum reduzieren – eine "nichtinvasive Idee", wie Corral betont. Die Schrauben, die leicht transportierbar sind, sollen sogar Starkwinden standhalten können. Ideal wäre dies für die Errichtung von Behausungen in Nationalparks oder etwa für Saisonhotels inmitten unberührter Natur.

Wermutstropfen am ganzen Projekt ist der nicht wirklich billige Quadratmeterpreis. Mangels Auftragsvolumen ist Ubuild mit 400 bis 800 Euro pro Quadratmeter derzeit noch vergleichsweise hoch bemessen. Alberto Corral ist Optimist. "Das ist nur eine Frage der Massenproduktion. Je mehr Ubuild-Häuser errichtet werden, desto niedriger wird der Preis." (Jan Marot, 30.4.2016)