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Foto: Reuters/Sputnik

Das wirklich Erschreckende an der neuen russischen Doping-Affäre ist nicht, dass bei Olympischen Spielen 2014 in Sotchi offenbar massenhaft gedopt wurde, dass daran höchste staatliche russische Stellen beteiligt waren, und dass dieser Massenbetrug, den Experten gar nicht für möglich gehalten haben, erst zwei Jahre später auffliegt.

Wirklich erschreckend sind zwei Dinge daran: Die ganze Riesenmanipulation diente nach der glaubwürdigen Beschreibung des in die USA geflüchteten ehemaligen Direktors des Moskauer Antidopinglabors, Grigori Rodtschenkow, um die Eitelkeit eines Mannes zu befriedigen.

Goldmedaillen – koste es, was es wolle

Nachdem Wladimir Putin 50 Milliarden Euro für seine Spiele ausgegeben hat- Geld, dass das Land in seiner jetzigen Finanzkrise bitter benötigen würde – wollte er auch endlich wieder eine Medaillenwertung gewinnen, koste es, was es wolle.

Und als die Dopingaffäre heuer aufzufliegen drohte, ließ Putin die Mitwisser ganz offensichtlich reihenweise ermorden. Eine andere Erklärung für den plötzlichen Tod der beiden früheren Chefs der Anti-Dopingagentur, Nikita Kamajew und Wjatscheslaw Sinew, gibt es nicht.

Rodtschenkow lebt nur , weil er geflohen ist

Dass Rodtschenkow noch lebt, um die Geschichte zu erzählen, liegt nur daran, dass er rechtzeitig geflohen und nun von den US-Behörden geschützt wird.

Russland, eines der größten und mächtigsten Staaten der Welt, wird von einem Gangsterboss regiert, der über Leichen geht – im wahrsten Sinn des Wortes.

...doch das Messer sieht man nicht

Natürlich gibt es keine Beweise für Putins Verantwortung. Ein Mann wie er hinterlässt keine Spuren – genauso wenig wie beim Polonium-Mord an Alexander Litwinenko in London, an der Erschießung von Oppositionsführer Boris Nemzow vor dem Moskauer Kreml, und an unzähligen anderen Morden von Menschen, die sich Putins Zorn eingeheimst hatten.

Putin ist kein Massenmörder wie einst Josef Stalin. Wahrscheinlich ist er nicht so paranoid wie der sowjetische Diktator es war, und außerdem haben sich die Zeiten geändert. Aber ein Menschenleben ist in Putins Russland weniger Wert als die Wünsche und Begehrlichkeiten des allmächtigen Kremlherren.

Er duldet keinen Widerspruch

Putin ist auch kein fanatischer Ideologe, der einen neuen Menschen oder die Weltherrschaft anstrebt. Es geht ihm auch nicht um irgendwelche echten oder angeblichen nationale Interessen. Er will nur das bekommen, was er gerade will und duldet weder Widerstand noch Widerspruch oder gar eine peinliche Niederlage. Und er will sich bereichen, vermutlich wie kein anderer Herrscher in der Welt.

Droht etwas dieser Art, wird ins Nachbarland einmarschiert oder ein Mordbefehl gegeben. Das ist die Kultur der Mafia und des Gangstertums.

Von Jamala geschlagen

Zum Glück lässt sich Europa von diesem Mann nicht einschüchtern, wie man etwa beim Sieg der ukrainischen Sängerin Jamala beim European Song Contest mit ihrem politisch aufgeladenen Song "1944" gesehen hat. Es wird spannend sein zu sehen, ob sich Putin für diese Niederlage revanchiert, etwa in dem er seine ostukrainischen Separatisten den Waffenstillstand wieder einmal brechen lässt.

Aber angesichts der Verbrechermentalität der russischen Führung sollten sich einige in Österreich überleben, ob es eine gute Idee ist, Moskau zu hofieren, wie es der scheidende Bundespräsident, der Wirtschaftsminister und die OMV getan haben. Aber vielleicht haben wir in einer Woche ein neues Staatsoberhaupt, dessen Parteichef für Putin meist nur bewundernde Worte findet. Auch das ist erschreckend. (Eric Frey, 15.5.2016)