Drei Speisen sind mir von meiner Zeit als armer Student in Paris als typisch französisch in Erinnerung geblieben: Hamburger, Kebap Frites und Couscous. Kebap Frites, ein Kebap, in das neben dem Fleisch Pommes statt Grünzeug gestopft wurde, habe ich schon damals mit einer Mischung aus Faszination und Ekel betrachtet, auch wenn die Kombination ehrlich gestanden erstaunlich gut funktioniert.

Die Pariser Version des Hamburgers wiederum, die ausnahmslos jedes Kaffeehaus auf der Karte hatte – ein Fleischlaberl ohne Burgerbun oder Gemüse, auf Wunsch mit Spiegelei serviert –, war für besondere Abende reserviert. Couscous aber hat sich schnell zu einem Fixpunkt meines Lebens dort entwickelt.

Foto: Tobias Müller

Viele der maghrebinischen Lokale der Stadt haben an einem Tag der Woche ihren Gästen gratis Couscous serviert, solange sie nur mindestens ein Getränk bestellt haben. Und weil es sehr, sehr viele maghrebinische Lokale gab, ging es sich aus, mehrmals pro Woche nichts für sein Abendessen zu bezahlen.

Pro vier Gästen wurde ein großer Suppenteller voll Couscous in die Mitte des Tisches gebracht, auf den mehr oder weniger dünne Gemüsesuppe gegossen und weich gekochte Karotten, Rüben, Zucchini, Erdäpfeln und Kichererbsen gehäuft waren. In den guten Lokalen gab es für jeweils zwei Esser noch ein Hühnerbein. Je nach finanzieller Lage haben wir mehr oder weniger "Demis", das französische halbe halbe Bier, und "Perroquets" dazubestellt.

Weil sich meine Essgewohnheiten verändert haben, habe mich entschieden, für diesen Eintrag vom Original-Couscous-Gratuit-Rezept etwas abzuweichen. Statt Huhn habe ich auf ein oft unterschätztes Fleischstück gesetzt, das sich wunderbar eignet, um stundenlang über niedriger Hitze geschmort zu werden: einen Lammbauch.

Foto: Tobias Müller

Genauso wie beim Schwein ist auch bei dem kleinen Wiederkäuer der Bauch neben dem Kopf der saftig-aromatischste Teil, anders als der Schweinebauch wird er immer noch viel zu selten gegessen. Statt dem Kochtopf habe ich meine Tajine benutzt, die normalerweise auf dem Küchenkasten verstaubt. Weil der Sommer gerade da war, habe ich sie ganz marokkanisch auf Holzkohlen statt auf den Herd gepackt. Etwas weniger marokkanisch habe ich dafür einen Kugelgrill benutzt.

Nun muss ich sagen: Tajine grillen ist nicht ganz so einfach. Bei meinem ersten Versuch hat meine Tajine keine knusprige Kruste entwickelt, sondern ist so spektakulär angebrannt, dass ich noch drei Tage und zwei Natronbäder später nicht alle Brandspuren entfernen konnte. Glücklicherweise waren die oberen Schichten und der Lammbauch dennoch genießbar.

Mit zarter Kruste

Wer sich möglichen Ärger ersparen will, stellt seine Tajine einfach auf den Herd. Ich bin aber trotz gelegentlicher Rückschläge und gewisser Entbehrungen der Meinung, dass es wenig Schöneres gibt, als über Glut zu kochen – ein Herd ist kein Ersatz für den Geruch und die Geräusche. In Marokko wird der Tontopf auf kleinen dreifüßigen Gestellen gegart, den Majmar. Bei niedriger Hitze blubbern die Töpfe zart stundenlang vor sich hin. Der Deckel wird nie angehoben, damit möglichst wenig des köstlichen Dampfs entweicht – er soll an dem kegelförmigen Deckel kondensieren und zurück in den Eintopf tropfen. Auf dem Boden der Tajine soll sich dabei eine zarte Kruste, das Tajine-Karamell, bilden.

"Der Rauch der Kohlenfeuer überzieht die ganze Stadt", schreibt Mourad Lahlou hier über das Essen in seiner Heimatstadt Marrakesch, wo überall und ständig Tajines über Kohlen schmoren. "Du riechst den Rauch, bevor du das Essen schmeckst. Der Rauch gibt dem Essen seinen Charakter, er ist ein essenzieller Teil des Ess-Erlebnisses."

Lammbauch-Tajine vom Holzkohlengrill für drei bis vier Esser

Je zwei Esslöffel Koriandersamen, Kreuzkümmel, gemahlenen Ingwer und Salz ordentlich durchmörsern, bis alles gut gemischt ist und die Samen zerkleinert sind.

Foto: Tobias Müller

Den Lammbauch – meiner hatte in etwa 1,5 Kilogramm – in einigermaßen gleichmäßige Stücke schneiden, diese mit der Gewürzmischung großzügig einreiben, zu einer Art Rouladen rollen und mit Zahnstochern fixieren.

Großzügig Olivenöl in die Tajine gießen, sodass der Boden gern mit einem Zentimeter Öl bedeckt ist. Je nach Größe ein bis zwei Zwiebeln in dünne Scheiben schneiden oder hobeln und den Boden damit auslegen – als kleiner Extraschutz gegen eventuelles Verkokeln.

Foto: Tobias Müller

Auf die Zwiebeln die Lammrouladen packen und rundherum eine halbierte Knoblauchknolle, einige Datteln, getrocknete Feigen und Mandeln verteilen. Wer will, legt noch eine Zimtstange oder Cassia-Rinde obenauf.

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Geben Sie sich beim Tajinefüllen etwas Mühe: Im Topf wird nicht umgerührt, Ihr Werk wird so, wie Sie es eingepackt haben, serviert, es sollte also etwas gleichschauen. Mit mindestens einem halben Liter Tomatensauce (pürierte, einmal aufgekochte Tomaten) und einem halben Liter Suppe oder Wasser aufgießen (die Flüssigkeitsmenge wird je nach Tajine-Größe etwas variieren).

Zudecken und auf dem Herd vorsichtig auf niedriger Hitze anwärmen, damit die Tajine auf dem Grill keinen Hitzeschock bekommt und springt.

Inzwischen die Kohlen oder, noch besser, die Briketts vorglühen lassen. Nehmen Sie eine kleine Menge, bei einem handelsüblichen Kugelgrill braucht es nicht mehr als fünf, sechs Stück.

Stellen Sie die vorgewärmte Tajine auf den Rost über die Kohlen. Idealerweise beginnt sie zart (!) zu blubbern und zu dampfen. Bei mir hat sie beim ersten Mal gedampft und geprustet wie ein Vulkan. Das ist nicht erwünscht.

Foto: Tobias Müller

Die Tajine beziehungsweise den Lammbauch etwa zweieinhalb bis drei Stunden garen, alle 60 Minuten beziehungsweise bei Bedarf ein paar Kohlen nachlegen. Auch wenn es verlockend ist: Schauen Sie nicht nach, wie es ihrem Lammbauch in der Tajine geht.

Ganz kurz vor dem Essen pro Esser 80 Gramm Couscous in einen Topf geben, ein paar Brocken Butter und einen Schuss Olivenöl zugeben und mit 150 ml kochender Suppe, idealerweise ebenfalls vom Lamm, aufgießen. (Bei vier Essern macht das 320 Gramm Couscous und 600 ml Suppe.) Drei, vier Minuten ziehen lassen.

Couscous, eine Schüssel mit fein gehackter Minze und Koriander, einen Topf Sauerrahm, Brot für die Extrasauce und die Tajine auf den Tisch stellen.

Foto: Tobias Müller

Vorfreudig den Deckel lüften und hoffen, dass nichts angebrannt ist. Wenn doch, trotzdem genießen.

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(Tobias Müller, 29.5.2016)