Salzburg – Wilde Bäche, gesunder Mischwald, sumpfige Moorlandschaften – der natürliche Auwald ist in Österreich nur noch selten in seiner ursprünglichen Form erhalten. Wälder wurden für Holzgewinnungszwecke aufgeforstet, Flüsse begradigt und damit viele Auwaldbewohner vertrieben.

Im Norden der Stadt Salzburg in der Weitwörther Au sollen menschliche Eingriffe nun wieder rückgängig gemacht und das natürliche Auengebiet wiederhergestellt werden. Dazu hat das Land Salzburg nun 127 Hektar Auengebiet gekauft. Das Gebiet ist bereits Natura-2000-Schutzgebiet und eines der ökologisch wertvollsten und artenreichsten Auwaldgebiete Österreichs.

Der Reitbach in der Au soll mit seinem natürlichen Verlauf zum Biberspielplatz und Fischotterparadies werden.
Foto: Stefanie Ruep

Durch umfangreiche Renaturierungsmaßnahmen soll die Weitwörther Au wieder in einen guten ökologischen Zustand gebracht werden, in dem die Natur sich selbst überlassen ist.

Um den natürlichen Auwald wiederherzustellen, werden in einem ersten Schritt künstliche Fichtenmonokulturen und Hybridpappelbestände ausgedünnt und sukzessive in einen natürlichen Mischwald umgewandelt. Die Fichtenaufzucht für die Holzgewinnung habe die natürliche Verjüngung des Waldes gebremst. "Die Bäume stehen in Reih und Glied, der Boden ist beschattet. Da hat der Nachwuchs keine Chance", sagte Projektleiter Bernhard Riehl, von der Naturschutzabteilung, bei einem Rundgang in der Au.

Der Biber ist jetzt schon aktiv in der Weitwörther Au. Durch die Renaturierungsmaßnahmen könnte seine Population in dem Gebiet noch steigen.
Foto: Stefanie Ruep

Nach den Renaturierungsmaßnahmen wird der Auwald nicht mehr forstlich genutzt, um einen Urwald entstehen zu lassen. Der Wald solle alle Entwicklungsphasen durchlaufen können: Die Bäume erreichen ihr maximales Alter, werden morsch und sterben ab, junge Bäume nehmen ihren Platz ein. "Auch ein toter Baum ist ein wichtiger Lebensraum", betonte Riehl. Verschiedene Spechtarten finden in morschen Bäumen ihre Nahrung, der gefährdete Scharlachkäfer lebt unter der Rinde von absterbenden oder toten Laubbäumen.

Biber, Fischotter und Eisvogel

Um den Bächen wieder einen natürlichen Verlauf zu ermöglichen, werden umgestürzte Bäume eingesetzt. "Es reicht, einen Baum ins Bachbett zu legen, und schon ändert sich das Flussufer", erklärt Riehl. In den Steilufern des Reitbachs, einem Nebengewässer der Salzach, kann der Eisvogel seine Brutröhren graben. Für Frösche und Lurche wie die Gelbbauchunke, den Laubfrosch oder den seltenen Kammmolch werden neue Tümpel angelegt. Und auch Biber und Fischotter fühlen sich in den Gewässern der Weitwörther Au wohl. Am zehn Hektar großen Ausee soll sich durch das Abflachen der Ufer ein Schilfgürtel entwickeln. Exotische Fische sollen abgefischt und heimische Fischarten ausgebracht werden.

Im Ausee sollen künftig heimische Fische schwimmen. Durch das Abflachen des Ufers soll wieder ein Schilfgürtel entstehen.
Foto: Stefanie Ruep

Teile der Au werden ein bis zwei Meter tiefergelegt, mit dem Ziel, eine hochdynamische Aulandschaft zu schaffen. Der Auboden lebe von Überschwemmungen, zumindest einmal pro Jahr sollten die Salzach oder der Reitbach Hochwasser führen, um weite Teile des Gebiets zu fluten, erläutert der Projektleiter.

Mit dem Kauf der Weitwörther Au hat das Land auch gleichzeitig das Jagdrecht für das Gebiet erworben. "Die Jagd wird darauf ausgerichtet, was gut ist für die Au. Von der der Trophäenjagd geht es nun hin zum Wildtiermanagement", versicherte Riehl.

Insgesamt kostet das Naturschutzprojekt 10,5 Millionen Euro. Von der EU kommt mit knapp 6,3 Millionen Euro eine Rekordfördersumme. Das Projekt wird fünf Jahren aus dem LIFE-Programm für Umwelt-, Natur- und Klimaschutzprojekte, unterstützt. Auch der Bund, die Gemeinden St. Georgen und Nußdorf fördern das Projekt, der Rest kommt aus dem Naturschutzfonds des Landes. SPÖ-Chef Walter Steidl kritisierte den Ankauf der Au. Eine Pacht wäre seiner Meinung nach günstiger gekommen. Für Gutsbesitzer Franz-Josef Auersperg-Trautso kam aber nur ein Verkauf infrage. Die Weitwörther Au war seit 1864 im Besitz seiner Familie.

Dem Fluss soll die Möglichkeit gegeben werden, sich Schotter aus der Au zu holen. Die Salzach würde sich auf 200 bis 400 Meter Breite weiten.
Foto: Land Salzburg / Klaus Leidorf

Vision natürliche Salzach

Die angrenzende Salzach ist von den aktuellen Maßnahmen noch nicht betroffen. Die langfristige Vision von Umweltlandesrätin Astrid Rössler (Grüne) ist aber eine komplette Renaturierung der Salzach, die sich derzeit – mehr wie ein Kanal als ein Fluss – begradigt in verbauten Uferschächten im Auengebiet entlangzieht. Künftig soll der Salzach zwischen Siggerwiesen bis nach Oberndorf wieder mehr Raum gegeben werden. Dazu müssten aber auch weitere Grundbesitzer – allen voran Großgrundbesitzer Max Mayr-Melnhof – ihre Gebiete für das Land zur Verfügung stellen. "Auf meiner Wunschliste stehen 540 Hektar für den Naturpark Salzachauen, sagte Rössler. (Stefanie Ruep, 10.6.2016)