Viktor Jansa beim Versuch, die Satellitennavigation wieder in Gang zu bringen.

Foto: Roland Filzwieser

Unser Bodenradar Spidar auf der etwas ruppigen und feuchten Messfläche.

Foto: Roland Filzwieser

Die in den Dales allgegenwärtigen Schwarzkopfschafe beäugen uns misstrauisch. Den Laserscanner mochten sie gern.

Foto: Petra Schneidhofer

Noch ein Blick auf unser malerisches Untersuchungsgebiet: die Yorkshire Dales.

Foto: Roland Filzwieser

Vorbereitungen für die Georeferenzierung des 3D-Laserscans mittels Totalstation.

Foto: Petra Schneidhofer

Das Quad streikt und muss mit dem VW-Bus angestartet werden. Alex Gibson (links) beweist seine britische Geduld.

Foto: Petra Schneidhofer

Ende gut, alles gut: ein Ale nach erfolgreich abgeschlossener Feldarbeit!

Foto: Petra Schneidhofer

Hardware-Spezialist Erich Nau beim Testen unseres Bodenradars in Schweden.

Foto: Petra Schneidhofer

Ein Blick auf den Datenlogger unseres Bodenradars Spidar – eine komplexe Angelegenheit.

Foto: Petra Schneidhofer

Alles in Bewegung: Die Bloggerin steuert das Bodenradar Spidar vorsichtig über das Wallgrabensystem des neolithischen Henge.

Petra Schneidhofer LBI

September 2015. Meine Kollegen Roland Filzwieser, Viktor Jansa und ich machen uns auf den Weg nach England. Unser Ziel sind die malerischen Yorkshire Dales, ein Nationalpark im Norden Yorkshires, wo wir mit Alex Gibson von der University of Bradford ein neolithisches Henge geophysikalisch untersuchen und dreidimensional vermessen wollen. Zu diesem Zweck haben wir ein Magnetometer, ein Bodenradar und einen 3D-Laserscanner in VW-Bus und Anhänger geladen und schaukeln damit quer durch Europa Richtung Vereinigtes Königreich. Fünf Tage Arbeit sind für ein zwölf Hektar großes Feld vorgesehen.

Zwei Tage später stehen wir etwas entnervt auf einer großen Schafweide, die Satellitennavigation funktioniert aus unerfindlichen Gründen nicht. Wir bauen auseinander, wieder zusammen, aktualisieren die Software, wechseln Kabel aus, konfigurieren neu. Zwischendurch streikt plötzlich die Batterie des Quads, unsere Stromquelle ist weg. Der VW-Bus wird geholt und gibt Starthilfe. Alex Gibson steht daneben und lächelt ein bisschen gequält.

Komplexe Messgeräte

Unerwartete Probleme sind ein Teil der Feldarbeit und passieren immer wieder. Wir sind daran gewöhnt und darauf vorbereitet. Das liegt zu einem Gutteil daran, dass wir unsere geophysikalischen Messgeräte nicht einfach im Fachhandel kaufen. Sie stellen das Ergebnis jahrelanger Forschung dar, in denen einzelne Elemente ausgesucht, zu Systemen zusammengebaut und getestet werden. Aufgrund ihrer Komplexität braucht es geschulte Fachkräfte, um Radarantennen, Magnetiksensoren, Zugfahrzeuge und die Satellitennavigation zu vernetzen und bei Laune zu halten.

Die Archäologie ist kein Fach, das Produkte, Techniken oder Prozesse erarbeitet, die sich gewinnbringend verkaufen lassen, wie es etwa in den technischen Disziplinen möglich ist – obwohl berühmte Fundstellen wie Stonehenge, Pompeji und Ephesos, aber auch das jährliche Keltenfest im niederösterreichischen Schwarzenbach ökonomisch gesehen durchaus relevant für den Tourismus und damit wirtschaftlich von Bedeutung sein können.

Technische Bastler

Gleichzeitig spielt die Archäologie selbst als Absatzmarkt für die Wirtschaft keine große Rolle, weil sie zu klein ist. Das bedeutet in der Praxis: Es gibt kaum Geräte, Verfahren oder auch Software, die kommerziell gezielt für die Archäologie entwickelt werden, weil sich das in den allermeisten Fällen für die Unternehmen nicht rechnen würde. Deswegen sind Archäologen sehr geschickt darin, sich bestehende Techniken und Methoden aus anderen Fächern auszuborgen und für den Einsatz in der Archäologie zu adaptieren. In manchen Fällen werden Verfahren oder Geräte aber auch komplett neu entwickelt. Das geschieht meist interdisziplinär mithilfe von interessierten Kollegen aus Nachbardisziplinen wie Informatik, Physik und Geologie, die ihrerseits wiederum Experten auf den für die Entwicklung notwendigen Gebieten sind.

Die von uns eingesetzte Methode des Bodenradars beispielsweise wurde ursprünglich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts zur Lokalisierung von Objekten im Boden entwickelt und anschließend vor allem in den Erdwissenschaften und zu militärischen Zwecken eingesetzt. Erst in den 80er-Jahren wurde sie für die Verwendung in der Archäologie adaptiert. Die Entwicklung immer besserer Systeme einschließlich qualitativ hochwertiger Datenauswertung dauert, auch im Rahmen meines Instituts LBI Archpro, bis heute an.

Wissenschaft – nicht ohne theoretische Basis

Mit der Adaptierung einzelner Methoden ist es aber noch nicht getan. Neue Methoden bringen zwar neue Möglichkeiten zur Erforschung der Menschheitsgeschichte mit sich, damit sie aber auf wissenschaftlich sinnvolle und nachvollziehbare Art eingesetzt werden können, braucht es eine theoretische Basis. Hier kommt die Grundlagenforschung ins Spiel.

Die archäologische Prospektion hat sich im letzten Jahrzehnt zusehends als eigenes Feld etabliert. Die zunehmende Digitalisierung in der Archäologie, die Motorisierung der geophysikalischen Messgeräte, bessere und schnellere Datenprozessierung und eine steigende Nachfrage nach großflächigen und zerstörungsfreien Methoden verlangen von uns Archäologen, uns mit den Grundlagen dieser neuen Fachrichtung auseinanderzusetzen. Das betrifft vor allem Fragen wie: Wie definieren wir archäologische Prospektion? Wofür wird sie primär eingesetzt? Welche Forschungsansätze verfolgen wir damit, und welche Qualitätsstandards sind notwendig?

Große Case Studies

Methoden- und Grundlagenforschung, das mag vielleicht etwas trocken klingen, ist aber essenziell, um die Archäologie als Wissenschaft voranzutreiben und ihre Grenzen immer wieder neu abzustecken. Das Lukrieren von Geldern speziell für die Methodenforschung ist dabei nicht immer ganz einfach. In Österreich gibt es hierzu den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und vor allem die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft als wichtigen sogenannten Forschungsinkubator zur gezielten Förderung von Innovation und anwendungsorientierter Methoden- und Grundlagenforschung.

In der Archäologie wird gerade die Methodenforschung oft mit engem Praxisbezug betrieben. Im LBI Archpro passiert das innerhalb großer Case Studies, die über ganz Europa verteilt sind. In Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen, bestehend aus Universitäten und Denkmalschutzbehörden, werden archäologische Landschaften mittels unserer neu entwickelten Methoden erforscht und diese dabei gleichzeitig getestet und weiterentwickelt. Die bekanntesten Beispiele sind das im Archäologieblog bereits erwähnte "Stonehenge Hidden Landscape Project", aber auch das Projekt "Archpro Carnuntum" und das auf wikingerzeitliche Landschaften ausgerichtete Projekt "Vestfold" in Norwegen. Diese haben bisher nicht nur neue und spannende Resultate gebracht, sondern uns eben auch die Möglichkeit gegeben, neue Standards in der großflächigen, hochauflösenden archäologischen Prospektion zu setzen.

Mitten in den Yorkshire Dales

All das geht einem natürlich nicht unbedingt durch den Kopf, wenn man mitten in den Yorkshire Dales steht, das Messgerät plötzlich streikt und die Zeit knapp wird. Wir arbeiten trotzdem konzentriert an einer Lösung, und am Abend ist das Problem, verursacht durch einen bisher unbekannten Computerfehler, behoben – auch dank der telefonischen Hilfe unseres Kollegen Erich Nau.

Die Feldarbeit wird am fünften Tag erfolgreich abgeschlossen, alle Systeme haben wieder einwandfrei funktioniert, und auch Alex Gibson ist zufrieden und gibt ein Ale aus. Nur der terrestrische 3D-Laserscan zur Oberflächenvermessung wurde durch eine kleine Schafherde sabotiert, die mich hartnäckig verfolgte und sich jeweils auf dem zu scannenden Areal niederließ. Manches kann selbst die beste Methodik nicht beeinflussen. (Petra Schneidhofer, 16.6.2016)