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Im Anschluss startete die 21. Regenbogenparade.

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Wien – Er wolle ein Zeichen setzen, um Toleranz und Vielfalt zu unterstützen. "Ich bin ein großer Bündnispartner dieser Anliegen, allerdings gibt es im Parlament derzeit keine Mehrheit dafür", sagt Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) in Bezug auf die vom Rechtskomitee Lambda 33 gezählten Ungleichheiten zwischen Ehe und eingetragener Partnerschaft: "Aber wir arbeiten daran, hier einen gerechten Zustand herbeizuführen." Kern hofft, den Regierungspartner, die ÖVP, von einer Gleichstellung überzeugen zu können. "Das ist von gestern, wir leben in einem offenen, toleranten und modernen Land. Es ist undenkbar, dass wir hier eine Bevölkerungsgruppe von Rechten ausschließen", sagt Kern, der selbst auch Lambda-Mitglied ist, im Rahmen der Regenbogenparade zum STANDARD. Es sei "beschämend, dass wir keine vollständige Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in Österreich haben". Er würde alles daran setzen, so Kern, dass dieser "elende Zustand" endlich aufhört.

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Auch Wiens Finanzstadträtin Renate Brauner wünscht sich Neuregelungen auf Bundesebene. "Es ist noch einiges zu tun. In Wien können gleichgeschlechtliche Paare Pflegekinder nehmen. Adoptieren können sie aber nicht. Das halte ich für ganz schlecht", sagt die SPÖ-Politikerin zum STANDARD: "Denn Familie ist da, wo liebe ist." Brauner sei "wann immer es möglich ist" auf der Regenbogenparade, um für "das Leben und die Liebe" einzutreten. Egal für welche Partner Menschen sich entscheiden: "Dieses Jahr ist es besonders wichtig, nach der schrecklichen Tragödie, die in Orlando passiert ist. Es ist wichtig Solidarität zu zeigen."

Auch Bundeskanzler Kern geht auf die Ereignisse in Orlando ein: "Gerade in den letzten Wochen haben wir erlebt, wie schnell es geht, dass aus einem friedlichen Zusammenleben eine furchtbare Tragödie werden kann", sagt auch Kern. "An diesem Tag schweben die furchtbaren Ereignisse, die Tragödie von Orlando über unserer Feier. Ein feiger Mord, der uns daran erinnern soll, was unser gemeinsamer Gegner ist: der Hass, die Intoleranz, die Gewalt. Aber er zeigt uns auch, wie viel Hoffnung wir in unsere Gesellschaft haben dürfen."

Gedenken an Orlando-Opfer

Die 21. Regenbogenparade am Samstagnachmittag stand allgemein unter dem Zeichen der Solidarität mit den Opfern des Massakers in Orlando. Den Paradezug führte eine Gruppe Motorradfahrer an. "Wir müssen gemeinsam für Akzeptanz und gegen Diskriminierung auftreten", sagte Gerhard Spitzer, Präsident der Red Biker Österreich. Gleich dahinter ging ein Block unter dem Banner "Victims of Hate Crimes – Marching for those who can't" an. Die Gruppe an schwarz gekleideten Menschen trug ein Absperrband, der Platz in der Mitte war leer und galt jenen Personen, die bei Hassverbrechen ihr Leben verloren und nicht mehr mitmarschieren können, hieß es von den Veranstaltern. Der traditionelle Gedenkmoment, bei dem der Zug um 17 Uhr pausiert, war dieses Jahr ebenfalls den Opfern von Orlando gewidmet.

Bei der Parade zogen heuer rund 20 Trucks und zahlreiche kleinere Wägen und Fußgruppen unter dem Motto "Grenzen überwinden" im Uhrzeigersinn rund um den Ring. Laut Veranstaltern sollen etwa 130.000 Teilnehmer gefeiert und demonstriert haben.

Familienministerium zeigt Flagge

Unterstützung bekam die Parade auch von Familienministerin Sophie Karmasin. "Familie ist dort wo Liebe ist. Egal ob klassische Vater-Mutter-Kinder-Familien, Patchwork, Alleinerziehende oder Regenbogenfamilien", erklärte die ÖVP-Ministerin. Für die Teilnehmer gut sichtbar hisste das Familienministerium daher am Samstag die Regenbogenflagge.

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Damit wolle man "ein Zeichen gegen Homophobie und für mehr Toleranz und Akzeptanz unterschiedlicher Lebensentwürfe setzen", sagt Karmasin. "Gerade die schrecklichen Ereignisse in Orlando diese Wochen zeigen, dass Hass gegen Andersliebende auch 47 Jahre nach der Polizeigewalt in der New Yorker Christopher Street immer noch auf der Tagesordnung steht. Wir müssen die Werte unserer aufgeklärten Gesellschaft verteidigen und für Toleranz und Akzeptanz eintreten."

Plattform Familie

Gleichzeitig mit dem Beginn der Regenbogenparade trafen sich am Albertinaplatz auch ihre Gegner zum "Marsch für die Familie". Sie traten unter dem Slogan "Plattform Famile" für die "klassische Form der Familie" und gegen "gesellschaftspolitische Irrwege" ein. "Familie = Vater, Mutter, Kinder" und "Abtreibung ist Mord" stand auf den Schildern der etwa 200 Christen. Unterstützt wurde der Marsch vom Verein "Pro Vita".

"Die Familie ist gefährdet, ein Wegwerfprodukt zu werden", warnte dort Ex-ÖVP-Parlamentarier Marcus Franz in seiner Ansprache. Die Ehe zwischen Mann und Frau müsse wieder "den höchsten Stand bekommen", sagt Franz. Die Novelle des Fortpflanzungsgesetzes sei äußerst "problematisch", denn sie würde den Stellenwert des "Schwangerwerdens" neu werten.

Foto: APA/EXPA/SEBASTIAN PUCHER

Der ehemalige Pegida-Sprecher Georg Immanuel Nagel fragte sich hingegen: "Warum hasst das linke Establishment die Familie so sehr? Wurden wir nicht alle in eine heteronorme Familie geboren?" Sein Kampf gelte den 68ern und ihrer Ideologie. Die Political Correctness würde jede Wahrheit ersticken, sagt Nagel. "Es gibt nur ein Europa und nur einen Glauben. Die ewige Wahrheit ist das Leben und die natürliche Ordnung."

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Nicht bei dem Marsch rund um den Albertinaplatz konnte diesmal FPÖ-Gemeinderätin Ursula Stenzel sein. Da sie am Samstag in Spanien weilte, schickte sie nur eine Grußbotschaft. Die "klassische Familie, wie sie im Christentum vorgesehen ist", solle den Kern der Gesellschaft bilden. Andere Lebensweisen würde sie akzeptieren, aber diese seien der Familie aus einer "mütterlichen und väterlichen Beziehung" nicht gleichgestellt. Sie fordert, dass Eltern wieder gestärkt würden. "Sie sollen sich aussuchen können, wie lange ihre Kinder in den Kindergarten gehen und welche Schulform sie besuchen", hieß es in dem vorgelesenen Statement.

Plattform Feminismus

Gestört wurden die Reden von "Buh"- und "Halt’s Maul"-Rufen einer kleinen Gruppe an Gegnern, die hinter der Bühne am Brunnen der Albertina Platz gefunden hatte. Nachdem sie lautstark die Parole "Wien bleibt schwul" skandierten, wurden sie von der Polizei wegen Störung einer Veranstaltung des Platzes verwiesen. Von den rund 20 Personen wurde die Identität festgestellt.

Die Gegner der Gegner demonstrierten mit etwa 100 weiteren Personen unter dem Namen "Plattforom Feminisumus" gegen die Christen. Sie trugen Schilder mit "Homohass heilen" oder "Homoverschwörung" mit sich. Bewaffnet waren sie mit Konfetti und Glitzer, welche sie auf die sie wegdrängende Polizeikette warfen. (Oona Kroisleitner, Michael Luger, 18.6.2016)