FH-Absolventen, die promovieren wollen, müssen sich einen Platz und Betreuung an einer Uni suchen.

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Wien – Es ist ein ewiger Kampf, bei dem beide Seiten nicht müde werden, ihre Argumente in den Ring zu werfen: auf der einen Seite die Fachhochschulen mit ihrem Wunsch, Doktorate anzubieten, auf der anderen Seite die Unis, die dieses Privileg einzig bei sich sehen. Es bleibt bis jetzt aber dabei: FH-Absolventen, die promovieren wollen, müssen sich einen Platz und Betreuung an einer Uni suchen. Dass sich das bald ändern wird, ist nicht absehbar.

Steine dürfen FH-Absolventen bei einem Wechsel an die Uni dabei nicht in den Weg gelegt werden: 2013 entschied der Verwaltungsgerichtshof, dass Absolventen eines einschlägigen Diplom- oder Masterstudiums einer FH ohne weitere Prüfung zu einem Doktoratsstudium an einer Universität zugelassen werden müssen. Der Hintergrund: Ein Absolvent wurde nur unter der Auflage zum Doktorat zugelassen, dass er drei Prüfungen "zur Herstellung der vollen Gleichwertigkeit" ablegt. Er wehrte sich erfolgreich.

Die Realität liegt für manche FH-Absolventen allerdings dennoch fernab dieser Entscheidung. "Zwar dürfen keine Prüfungen mehr verlangt werden, allerdings hat man es mit FH-Hintergrund schwer, einen betreuenden Professor zu finden", sagt ein FH-Absolvent mit Interesse an einem Doktorat. "Viele Professoren verlangen eine Art Beweis, dass an der FH das Niveau des Uni-Masters erreicht wurde", sagt der Absolvent, der nicht namentlich genannt werden will. "Ein FH-Master ist in den Augen einiger Professoren einfach weniger wert."

Die Zahl an Doktoratsstudierenden mit einem FH-Erstabschluss bleibt jedenfalls überschaubar: Seit 2009 liegt sie konstant zwischen 750 und 800 Studierenden. Ein großer Sprung war nur in den Jahren zuvor bemerkbar, 2005 waren es erst 440 ehemalige FH-Studierende.

Gemeinsame Programme rar

Kooperationen zwischen Fachhochschulen und Unis sollen dafür sorgen, dass diese Zahl in Zukunft steigt. Ein Beispiel dafür ist etwa das Studium "Applied Image & Signal Processing" in Salzburg – eines der ersten gemeinsamen Masterstudien von Universität und Fachhochschule. Der Joint-Master eröffnet jedes Jahr 20 Studierenden vielfältige Karrierewege in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, im hochschulischen Lehr- und Forschungsbetrieb, in der Softwareentwicklung und im Bereich der IT-Dienstleistung.

Auch an der FH St. Pölten bemüht man sich schon während des Masters um gute Kooperation mit der Uni: Absolventen des Bachelorstudiums Diätologie sind berechtigt, ins Masterstudium Ernährungswissenschaften der Universität Wien einzusteigen und in der Folge ein Doktoratsstudium zu absolvieren.

Manche Fachhochschulen gehen den Weg ins Ausland: An der FH Vorarlberg wurde 2014 ein Abkommen mit der University of Agder in Norwegen geschlossen. "Durch diese Kooperation können Dissertationsthemen, die aus unserer Forschungsarbeit entstehen, von den Studierenden in Dornbirn bearbeitet und von ausgewählten Forschern der FH Vorarlberg betreut werden", sagt Lisa Lorenzi, an der FH für Marketing und Kommunikation verantwortlich. Die Doktorandenseminare werden in Dornbirn, die Abschlussprüfungen in Norwegen abgehalten. Das Doktorat verleiht die University of Agder. Die FH Vorarlberg sei zum Aufbau einer Kooperation im Bereich Forschung auch mit der Universität Innsbruck in Kontakt.

Die FH Burgenland streckt ihre Fühler ebenfalls ins Ausland: In Kooperation mit drei internationalen Partneruniversitäten in Ungarn, der Slowakei und Kroatien organisiert die FH das Cross-Border-PhD-Programm "International Economic Relations & Management". 13 angehende Doktoranden haben 2014 begonnen.

Dass derzeit die Kooperationsmöglichkeiten zwischen heimischen Unis und FHs bezüglich Promotionsstudien nicht ausreichend genützt werden, hieß es auch schon im Wissenschaftsministerium. Neue Förderansätze "können hier unterstützend wirken", wird in einer Aussendung vorgeschlagen. Derzeit erarbeite man im Ministerium ein Modell für "institutionalisierte Kooperationen in der Doktoratsausbildung", in dem etwa gemeinsame Curricula entwickelt werden können.

Auf eigene Faust im Ausland

Bis solche Abkommen tatsächlich umgesetzt werden, kehren viele FH-Absolventen Österreich den Rücken. Die Gesamtzahl an Absolventen, die im Ausland promovieren, ist nicht bekannt, allerdings scheint es für viele die unkomplizierteste Lösung.

Dass weder Unis ausschließlich für die Wissenschaft noch Fachhochschulen nur für die Praxis ausbilden, zeigen auch die vielen Forschungskooperationen Letzterer. In Forschungsnetzwerken, interaktiven Projekten, in Zusammenarbeit mit oder ohne Unternehmen (etwa in den Josef-Ressel-Zentren) wird auch an Fachhochschulen verstärkt geforscht. In naturwissenschaftlichen Studien müssen Studierende im Laufe des Studiums ein Forschungspraktikum absolvieren, aber auch in vielen anderen Studienrichtungen bemüht man sich in den letzten Jahren um eine Steigerung der Forschungsleistung. Auf Projektebene wird sehr gut mit Universitäten zusammengearbeitet.

Und dennoch bleibt die Kritik, es gebe an Fachhochschulen einen Mangel an Wissenschaftlichkeit. Gründe dafür liegen auch in der Lehre: Die Lehrverpflichtung von FH-Lektoren liegt eher im Bereich von AHS-Lehrern als bei den Kolleginnen und Kollegen an der Uni. Für wissenschaftliche Forschung, Konferenzen und Publikation bleibt da oft keine Zeit.

Regelungsvakuum

Auch die FH-Professuren werden kritisiert, denn um sich FH-Professor nennen zu dürfen, bedarf es keines akademischen Beweises. Während die Verleihung einer Fachhochschulprofessur in Deutschland staatlich geregelt ist, herrscht in Österreich eine Art Regelungsvakuum.

Bleibt die Frage, wie man in Zukunft mit Doktoraten FH-Studierender umgehen will. In den Nachbarländern gibt es zwei gegensätzliche Ansätze: In der Schweiz ist es Absolventen eines FH-Masterstudiums im Normalfall nicht möglich, ein PhD-Studium aufzunehmen. In Deutschland wird der Ausbau kooperativer Forschungskollegs zwischen Unis und FHs standortbezogen geplant: Die Antragsteller sind beide Hochschulen in einem gemeinsam formulierten Curriculum. Das Promotionsrecht gilt aber auch hier nur für Universitäten.

Für viele Experten ist das ein gangbarer Weg für Österreich, allerdings gebe es noch Hürden. Laut Wissenschaftsrat keine administrativen oder gesetzlichen, aber inhaltliche und emotionale: Sie betreffen den unterschiedlich wahrgenommenen "Rang" beider Hochschultypen. (Lara Hagen, 18.6.2016)