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Die Ergebnisse von Laboruntersuchungen auf die Methylierung von Erbgut sind gut vergleichbar.

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Chemische Veränderungen der DNA-Struktur, epigenetische Veränderungen, können bei Krankheiten eine Rolle spielen. Die Verwendbarkeit von Tests auf diese Veränderungen dürfte nach mehreren aktuellen Studien in Zukunft für die Medizin wichtig werden. In vier Publikationen von "Nature", zwei davon mit federführender Beteiligung von Wiener Wissenschaftern, wurde das jetzt belegt.

Bisher wurden epigenetische Analysen hauptsächlich in der Forschung eingesetzt. In einer Art Ringversuch hat ein internationales Wissenschafterteam unter Leitung von Christoph Bock, Gruppenleiter am Centrum für Molekulare Medizin der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Wien untersucht, wie vergleichbar die Ergebnisse von Laboruntersuchungen auf die Methylierung von Erbgut sind, welche in den verschiedenen Labors verwendet werden. Das Resultat: Die Daten sind gut vergleichbar.

Die Ergebnisse des Verfahrenstests wurden jetzt in "Nature Biotechnology" publiziert. Die Proponenten hatten 32 Referenzproben an 17 Labors in sieben Ländern geschickt. Dann fanden die Untersuchungen mit den verschiedenen sonst auch verwendeten Testmethoden statt. Die Resultate wurden dann verglichen. Das erfolgte für mehr als zwei Dutzend vorgegebene Genom-Regionen der versendeten DNA sowie für sechs Genom-weite Bestimmungsmethoden für die Methylierung.

Personalisierte Präzisionsmedizin

Das Vorhandensein bzw. die Absenz sogenannter Methylgruppen am Erbgut ist mitentscheidend für die Ablesbarkeit des jeweiligen Genomabschnitts und somit für die Aktivierung von Genen. "DNA-Methylierungs-Muster sind bei vielen Krankheiten verändert und korrelieren mit klinisch relevanten Informationen wie Varianten von Krankheiten, Prognose und die Wirksamkeit von Medikamenten", schrieb das Blueprint-Konsortium, welches die Studie durchgeführt hat. Bock wurde in einer Aussendung so zitiert. "Epigenetische Tests müssen eine Schlüsselrolle spielen, wenn die personalisierte Präzisionsmedizin klinische Realität werden soll. Denn die Epigenetik gibt Auskunft über die individuelle Geschichte jeder einzelnen Zelle und erlaubt Vorhersagen darüber, wie sie auf Medikamente reagiert. Das kann für eine personalisierte Therapie von großem Nutzen sein."

Insgesamt dürften die epigenetischen Untersuchungen laut einer Aussendung des CeMM bereit für den Sprung in den klinischen Alltag sein. Dies zeigten die aktuellen Studien.

Unter dem Begriff "Epigenetik" sind alle chemischen Veränderungen der DNA und daran gebundener Proteine zusammengefasst, die Einfluss auf die Genaktivität haben, ohne die Reihenfolge der genetischen Buchstaben zu verändern. Sie bestimmen, auf welche Weise die zwei Meter langen DNA-Fäden in den mikroskopisch kleinen Zellkern gepackt werden – je nach Zugänglichkeit können dabei Gene an- oder abgeschaltet werden. Diese Verfügbarkeit der DNA-Abschnitte kann bei der Zellteilung auf die Tochterzellen vererbt werden. Bei vielen Krankheiten sind die epigenetischen Mechanismen massiv gestört, wodurch Gene zur falschen Zeit in den falschen Zellen aktiv oder abgeschaltet werden.

Genauer Erkrankungstyp bestimmt

In Nature Communications demonstrieren CeMM-Forscher in Kollaboration mit Klinikern der Universität Southampton und dem Royal Bournemouth Hospital die Anwendungsmöglichkeiten einer bestimmten epigenetischen Analysemethode, bei der die Zugänglichkeit der DNA innerhalb der Chromosomen bestimmt wird. Bei Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie, der häufigsten Blutkrebsart in der westlichen Welt, konnten die Forscher damit den genauen Erkrankungstyp zuverlässig bestimmen, sowie individuelle Verlaufs- und Behandlungsprognosen erstellen.

Forscher des University College London, unter der Leitung von Stephan Beck, einem Kollaborationspartner des CeMM, zeigen in zwei parallel erscheinenden Studien in Nature Biotechnology und Nature Communications welchen Beitrag die Bioinformatik für die Analyse der Epigenetik liefert: Die computergestützte Auswertung von epigenetischen Daten kann herangezogen werden, um krankheitsspezifische Muster zu bestimmen. Zudem gelang es den Wissenschaftern, neue bioinformatische Methoden zu entwickeln, die epigenetische Analysen günstiger und damit breiter einsetzbar machen. (APA, 27.6.2016)