Tropfsteine aus der Sanbao-Höhle in China: In ihnen sind immer noch Daten über die Niederschläge gespeichert, die sie entstehen haben lassen.

Foto: Hai Cheng

Innsbruck – Anhand von Daten aus Tropfsteinhöhlen konnte ein internationales Forscherteam mit Innsbrucker Beteiligung den asiatischen Monsun 640.000 Jahre zurückverfolgen. Dabei stellte sich auch heraus, dass das Ende von Kaltzeiten jeweils mit den Kreiselbewegungen der Erdachse, der Präzession, zusammenhing, berichten die Forscher im Fachblatt "Nature".

Hintergrund

In den vergangenen 800.000 Jahren trat ungefähr alle 100.000 Jahre eine große Kaltzeit auf. Wie diese Phasen jeweils endeten, ist allerdings noch nicht vollständig geklärt. "Bisher vermutete man, dass die sich alle 100.000 Jahre ändernde Form der Umlaufbahn der Erde um die Sonne die Dynamik der Eiszeiten kontrolliert. Dies hat sich nun als eine falsche Fährte der Natur herausgestellt", erklärte Christoph Spötl vom Institut für Geologie, der an der Untersuchung beteiligt war. "Tatsächlich hängen diese großen Klimaänderungen ursächlich mit den kürzeren Frequenzen der Präzession zusammen."

Als Präzession wird das regelmäßige und langfristige Trudeln der Erdachse verstanden. Ungefähr alle 25.800 Jahre verlagert sie sich dabei wie bei einem nicht mehr ganz rund laufenden Kreisel. Diese langfristige Lageänderung hat Auswirkungen auf den Einfall der Sonnenstrahlen auf der Erde. Jeweils nach vier bis fünf Präzessionszyklen kam es den neuen Analysen zufolge zum Anstieg der Sonneneinstrahlung in der nördlichen Hemisphäre, was in weiterer Folge zum Ende der Kaltzeiten führte.

Das Datenmaterial

Zu diesem Schluss kamen die Wissenschafter auf Basis von Daten aus Tropfsteinhöhlen in China. Dort dringt über hundertausende Jahre Regenwasser von der Oberfläche ein, dessen Ablagerungen die Tropfsteine bilden. Diese fungieren sozusagen als langfristiges Klimaarchiv, aus dem sich mit neuen wissenschaftlichen Methoden auch Informationen über die Schwankungen in der Intensität des asiatischen Monsuns herauslesen lassen. "Mit der Hilfe der Uran-Thorium-Datierung lässt sich eine exakte Altersbestimmung der Schichten in den Tropfsteinen durchführen. Zudem geben bestimmte Isotope des Sauerstoffs Hinweise auf die Stärke des Monsuns, für deren Messung wir großteils in unserem Labor in Innsbruck verantwortlich waren", erklärte Spötl.

Zusammen mit Kollegen aus China und den USA konnte so das Klima der vergangenen 640.000 Jahre nachgezeichnet werden. "Bisher existierten noch keine Klimakurven der Monsungebiete mit einer vergleichbaren Länge und Präzision. Vor acht Jahren wurde eine Kurve über die letzten 224.000 Jahre veröffentlicht. Mit unseren Messungen konnten wir diese Ergebnisse auf fast das Dreifache verlängern", so der Geologe.

Präzession beeinflusst Monsun

In weiterer Folge brachten die Forscher diese Informationen mit Daten zum Einfall der Sonnenstrahlen (Insolation) in Verbindung. "Die von der Sonne ausgestrahlte Energie ist zwar annähernd konstant, der auf die Erde eintreffende Anteil unterliegt aber je nach Breitengrad zeitlichen Änderungen". Neben den durch die Neigung der Erdachse hervorgerufenen Jahreszeiten gibt es noch andere Einflussfaktoren – darunter eben auch die Präzession.

Es zeigte sich, dass diese langfristigen, regelmäßigen Insolationsschwankungen auch stark mit der Stärke des Monsuns zusammenhängen. Spötl: "Dass über diesen langen Zeitraum hinweg der asiatische Monsun sehr stark von der Präzession auf der Nordhalbkugel abhängt, ist eine wichtige neue Beobachtung." (APA, red, 5. 7. 2016)