"Wenn der Krebs gestreut hat, standen in der Vergangenheit oft nur Systemtherapien wie beispielsweise die Chemotherapie zur Verfügung. Dabei zirkulieren gegen den Krebs wirkende Substanzen im Blutstrom und erreichen die Zellen überall im Körper. "Das kann effektiv sein, geht aber auch oft mit starken Nebenwirkungen einher", sagte Stephanie E. Combs, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Klinikum rechts der Isar in München.

Haben sich bei einer Krebserkrankungen nur wenige Metastasen gebildet, können diese aber auch mithilfe einer neuartigen Strahlentherapie behandelt werden. Damit lässt sich eventuell sogar eine Heilung erzielen, hieß es vor kurzem bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) in Mannheim.

Bei bestimmten Patienten, die nur an wenigen Stellen im Körper Metastasen des Tumors haben – "Oligometastasierung" (von griechisch oligo – wenig) genannt – sei eine Behandlung an der befallenen Stelle vorteilhaft. Das wird durch eine besondere Bestrahlungsmethode, die stereotaktischen Strahlentherapie (Stereotaxie) möglich. Sie wird individuell für den Patienten geplant und häufig mit moderner Bildgebung kombiniert.

Gewebe wird geschont

Im Bestrahlungsplan legen die Strahlentherapeuten millimetergenau fest, welche Bereiche behandelt werden sollen. Die Behandlungsgeräte richten die Strahlen von mehreren Seiten auf den Tumor, das umgebende Gewebe wird so besser geschont. "Wir können damit eine sehr hohe Strahlendosis direkt auf den befallenen Bereich bringen. Beim umliegenden gesunden Gewebe ist die Dosis dann sehr viel geringer", sagt Combs. So sinke zum Beispiel bei der Bestrahlung von Hirnmetastasen das Risiko auf neurokognitive Einschränkungen und Nebenwirkungen. "Die Hochpräzisionsstrahlentherapie ist mit einer chirurgischen Behandlung vergleichbar, beispielsweise bei kleinen Metastasen in der Lunge."

Bei anderen Erkrankungen, wie etwa einem Prostatakarzinom mit wenigen Knochenmetastasen, kann die Stereotaxie die Krankheit zurückdrängen und die Notwendigkeit einer Hormontherapie hinauszögern. Insgesamt kann die Strahlentherapie unabhängig von der zugrunde liegenden Tumorerkrankung eingesetzt werden, zum Beispiel auch bei Brustkrebs.

Voraussetzung für den Einsatz der stereotaktischen Bestrahlung sind präzise Informationen über die Größe und Ausbreitung der Metastasen. "Erst wenn diese Informationen belegen, dass die Strahlentherapie eine Erfolgschance hat, wird die Behandlung durchgeführt", sagt Stephanie Combs. "Wir erhöhen damit die Heilungschancen, auch wenn der Krebs gestreut hat", sagt Frederik Wenz, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim. (APA, 6.7.2016)