Der Orionnebel in seiner ganzen Pracht: Mithilfe der aktuellen Aufnahme entdeckten Astronomen in dem Emissionsnebel verblüffend viele Braune Zwerge und isolierte planetare Objekte.

Foto: ESO/H. Drass et al.

Garching Astronomen haben mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO am Paranal Observatory in Chile tiefer als je zuvor ins Innere des Orionnebels geblickt. Was sie in der hochproduktiven Sternenfabrik entdeckten, sorgte für einige Überraschungen: Die hochaufgelöste Aufnahme brachte zehn Mal mehr Braune Zwerge und isolierte planetare Objekte ans Licht, als bisher bekannt waren. Die Beobachtungen sorgten nicht zuletzt auch deshalb für Aufregung unter den Forschern, weil sie bisherige Hypothesen zur Sternentstehungsgeschichte im Orion in Frage stellten.

Der berühmte Orionnebel erstreckt sich im Sternbild Orion über etwa 24 Lichtjahre und ist von der Erde aus mit bloßem Auge als verschwommener Fleck erkennbar. In dem Emissionsnebel, der aus den Einzelobjekten M 42 und M 43 besteht, wird Gas durch die ultraviolette Strahlung vieler neugeborener heißer Sterne ionisiert, was den Nebel hell aufleuchten lässt.

Mit 1.350 Lichtjahren liegt der Orionnebel relativ gesehen in der kosmischen Nachbarschaft unseres Sonnensystems. Daher eignet er sich hervorragend dazu, sowohl die Prozesse und die Geschichte der Sternentstehung in solchen Umgebungen besser zu verstehen, als auch die Anzahl der Sterne zu bestimmen, die sich mit unterschiedlichen Massen bilden.

Orionnebel als Sternenwiege

Amelia Bayo vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und ihre Kollegen nutzten das hohe Leistungsvermögen des HAWK-I-Infrarotinstruments am VLT, um herauszufinden, wie viele Objekte mit geringer Masse im Orionnebel vorkommen. Diese Daten bilden einen wichtigen Baustein, um bestehende Thesen zur Sternentstehung zu untermauern, wie die Studien-Koautorin in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" erklärt.

Dass die Zahl dieser Objekte so groß ausfallen würde, war für die Astronomen allerdings mehr als unerwartet. Laut Erstautor Holger Drass von der Ruhr-Universität Bochum deutet die Entdeckung von insgesamt 757 potenziellen Braunen Zwergen und 158 planetenähnlichen Objekten auf einen hohen Anteil von rund 50 Prozent substellarer Objekte hin.

Um den Prozess der Sternentstehung zu verstehen, rechnen Astronomen zusammen, wie viele Objekte unterschiedlicher Masse in Regionen wie dem Orionnebel entstehen. Im Vorfeld dieser Arbeit hatten die meisten gefundenen Objekte eine Masse von etwa einem Viertel der Sonnenmasse. Die Entdeckung einer großen Zahl neuer Objekten im Orionnebel mit Massen, die deutlich unterhalb dieses Werte liegen, hat nun dafür gesorgt, dass in der Verteilung der Anzahl der Sterne noch eine zweite Häufung bei einer weitaus kleineren Masse zu finden ist.

Mehr Planeten als gedacht

Diese Beobachtungen deuten auch darauf hin, dass die Zahl der Objekte in Planetengröße insgesamt um einiges höher sein könnte, als bisher gedacht. Zwar existiert die Technologie im Moment noch nicht, mit der es möglich wäre, diese Objekte ohne weiteres beobachten zu können, jedoch wird sich das mit der Inbetriebnahme des zukünftigen European Extremely Large Telescope (E-ELT) der ESO im Jahr 2024 ändern.

Drass kann es jedenfalls kaum mehr erwarten: "Unsere Ergebnisse fühlen sich an wie ein flüchtiger Blick in eine neue Ära der Planeten- und Sternentstehungsforschung. Die riesige Zahl vagabundierender Planeten, die wir bereits mit den derzeitigen Beobachtungsmöglichkeiten finden, lässt mich hoffen, dass wir mit dem E-ELT eine ganze Menge kleinerer Planeten in Erdgröße entdecken werden." (red, 17.7.2016)