Der in den USA vor kurzem angelaufene Reboot der Actionkomödie "Ghostbusters" sorgte schon bei seiner Ankündigung für Aufregung. Dass anstelle von Peter, Raymond, Winston und Egon nun vier Frauen zu parapsychologischen Abenteuern aufbrechen würden, stieß bei einer kleinen, aber lautstarken Gruppe sofort auf massive Ablehnung.

Die Folge: Die Macher des Films sahen sich bald massiven verbalen Anfeindungen ausgesetzt. Schon der Trailer wurde Ziel einer Kampagne. Mit rund einer Million "Daumen runter"-Wertungen dürfte er der bis dato meistabgewertete Filmvorschau-Clip auf Youtube sein.

Sony Pictures Entertainment

Nicht nur eine Geschmacksfrage

Während sich schwer gegen individuellen Geschmack argumentieren lässt, scheint die Anzahl an Dislikes hier längst nicht nur eine filmkritische Unmutsäußerung zu sein. Andere Filme, die nach ihrem Kinodebüt massiv bei Kritikern und Besuchern durchfielen, verzeichneten nicht einmal einen Bruchteil dieser negativen Reaktionen.

Zum Beispiel: das "Fantastic Four"-Comeback des letzten Jahres. Während der "Ghostbusters"-Trailer 37 Millionen Aufrufe verzeichnet und somit pro Million Klicks etwa 27.000 Abwertungen geerntet hat, erhielt der Ankünder der Marvel-Verfilmung für den ersten Trailer bei insgesamt etwa 18 Millionen Aufrufen gerade einmal 20.000 Abwertungen, also rund 1.100 pro Million.

20th Century Fox

Männer "sabotieren" Serien für Frauen

Genauere Auswertungen hat nun das Statistikportal FiveThirtyEight vorgenommen, indem es bereits vor dem Filmstart die Bewertungen auf Filmportalen untersucht hat. Schon zuvor hatte man anhand der Punktevergaben auf der Plattform IMDB anhand von oft bewerteten Serien festgestellt, dass diese je nach Geschlechterzusammensetzung der Kritiker unterschiedlich bewertet werden.

Liegt die Aufteilung bei 50:50, so vergeben Frauen im Schnitt eine um einen Punkt höhere Wertung für einen Streifen. Bei einem Frauenanteil von etwa 20 Prozent, also Shows, die hauptsächlich Männer anzusprechen scheinen, wird in etwa gleich hoch bewertet. Liegt hingegen der Männeranteil bei 20 Prozent, werten Frauen um rund 1,5 Punkte höher, während der Anteil an Männern, die sehr niedrige Wertungen vergeben, deutlich ansteigt. Daraus ergab sich die Feststellung, dass Männer die Wertungen für "Frauen-Serien" praktisch "sabotieren" würden.

Eklatanter Unterschied

Anhand von fast 13.000 Wertungen für das "Ghostbusters"-Comeback, die Nutzer auf IMDB schon vor dem Kinostart abgegeben hatten, ergibt sich nun folgendes Bild: Im Schnitt liegt der Film bei 4,1 von zehn möglichen Punkten, der Unterschied zwischen Männern und Frauen ist allerdings beträchtlich.

Von 7.500 als männlich identifizierten IMDB-Usern wurden durchschnittlich 3,6 Punkte vergeben. Von 1.500 als weiblich deklarierten Nutzern waren es 7,7 Punkte. Männer vergaben also nicht einmal halb so viele Punkte wie Frauen, obwohl bei dieser Zusammensetzung (16 Prozent der Wertungen kommen von Frauen) im Regelfall Männer und Frauen Filme praktisch gleich bewerten.

Foto: Sony Pictures

Durchschnittliche Pressewertungen, erfolgreicher US-Start

Während die Wertungen also großteils Meinungen von Menschen wiedergeben, die den Film noch gar nicht gesehen haben, bilden sie einen interessanten Kontrast zu den Bewertungen der Presse. Dort schneidet der "Ghostbusters"-Film, typisch für cinematische Sommerkost, durchschnittlich ab. Bei Metacritic liegt der errechnete Score aktuell bei 60 von 100 Punkten.

Auch hier ist die Abweichung zwischen den Rezensenten diverser Medien und der Userwertung interessant. Die Nutzer der Rating-Plattform vergaben bis dato im Schnitt lediglich 2,5 von zehn Zählern.

Fraglich ist, wie viel der niedrige Punktestand tatsächlich mit den Stärken und Schwächen von "Ghostbusters" zu tun hat. Der Streifen schoss in den USA zum Start auf den zweiten Platz der Kinocharts. Laut Sonys Distributionschef Rory Bruer ist auch schon ein zweiter Teil geplant. "Ich rechne damit, dass ‘Ghostbusters‘ zu einem wichtigen Franchise wird", erklärte er gegenüber The Wrap. In Österreich startet der Film am 5. August.

Bewertungssysteme unausgereift

Die Anfeindungen gegen Darsteller und Produzenten geht derweil weiter. Die dunkelhäutige Schauspielerin Leslie Jones fordert infolge von rassistischen Anfeindungen mittlerweile strengere Richtlinien für Twitter, schreibt The Verge.

Die Analyse der IMDB-Scores gibt Anlass zur Kritik an existierenden Bewertungssystemen. Bei FiveThirtyEight plädiert man für nuanciertere Mechanismen, als sie aktuell zur Verfügung stehen. Denn derzeit würden die Nutzer viel zu viel Glauben in vorschnelle, übertrieben vereinfachte Zahlen ohne konkreten Kontext stecken. (Georg Pichler, 20.7.2016)