Wer keinen Balkon hat, kann vielleicht nachrüsten – wenn die Miteigentümer zustimmen.

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Es klingt simpel, was Clemens Mayer im Angebot hat: Sein Unternehmen Easybalkon bietet die nachträgliche Montage von vorgefertigten Balkonen an Bestandsobjekten an. Die Montage dauere meist weniger als eine Woche, pro Quadratmeter müsse mit Errichtungskosten ab 1000 Euro gerechnet werden, erklärt Mayer.

Seit einer Novellierung der Wiener Bauordnung vor zwei Jahren ist es – theoretisch – möglich, Balkone nicht nur im Hinterhof zu errichten, sondern auch straßenseitig. "Da ist ein großes Tabu gefallen", sagt Hans Jörg Ulreich, Bauträgersprecher in der Wirtschaftskammer.

Der politische Wille zu mehr Balkonen ist in Wien da, sind sich Experten einig. Einen Errichtungsboom an Balkonen bei Bestandsgebäuden gibt es dennoch nicht, meint Mayer, der jährlich rund hundert Balkone baut. "Aber uns erreichen viel mehr Anfragen." Die Vorgaben, die das nachträgliche Errichten eines Balkons erschweren, seien aber gleich geblieben: Ein Wohnungseigentümer braucht die Zustimmung aller anderen Eigentümer im Haus, was in vielen Fällen die größte Hürde darstellt.

Häuser in Schutzzone

Oft würde es auch an den Abständen scheitern, die zum Nachbargrundstück eingehalten werden müssen, sagt Mayer. Ist der Abstand geringer als drei Meter, dann müssen auch sämtliche Eigentümer im Nachbarhaus zustimmen. Liegen alle Zustimmungen vor, dann muss das Bauvorhaben von der Baupolizei (MA 37) genehmigt werden, die wiederum die MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) zurate zieht.

"Hofseitige Balkone sind heute Routine", sagt Robert Kniefacz von der MA 19. Anders sieht die Situation auf der Straßenseite aus – besonders wenn das Haus in einer Schutzzone liegt. Ganz auszuschließen sei eine Genehmigung aber auch dort nicht: "Es gibt auch in einer Schutzzone glatte oder minderwertige Fassaden", sagt Kniefacz.

Nur rund 20 Prozent der Wiener Wohnungen verfügen laut einer Schätzung von 2013 über einen Balkon. Dabei hätten Balkone in Wien durchaus Tradition, meint Kniefacz – wenn auch früher hauptsächlich als Repräsentationsbalkone oder überhaupt nur als "dekorative Elemente mit einer ganz anderen Tiefe". Heute sei das Ziel, wohnungsnahen Freiraum zu schaffen.

Lohnendes Investment

Dafür braucht es eine gewisse Größe: Die Wiener Bauordnung erlaubt Balkone mit einer Tiefe von 2,50 Metern über der Baulinie. Das führe immer wieder zu Diskussionen, sagt Kniefacz: Denn tiefe Balkone könnten eine schmale Gasse verdunkeln und den Blick auf die Fassade verwehren. Eine Balkonauskragung von einem Zehntel der Straßenbreite erachtet Kniefacz daher als ideal.

Für Wohnungsbesitzer würden sich all die bürokratischen Hürden und das finanzielle Investment am Ende auf jeden Fall auszahlen, glaubt Mayer, weil sich dadurch der Immobilienwert erhöht und das Leerstandsrisiko sinkt: "Und viele Wohnungen ohne Balkon fallen bei Immobilienplattformen sofort durch den Rost, weil die Menschen nur noch Wohnungen mit Freifläche suchen."

Das bestätigt auch Ulreich: "Eine wirklich hochwertige Drei-Zimmer-Wohnung kann man ohne Balkon heute nicht mehr verkaufen." (Franziska Zoidl, 24.7.2016)