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Mars wird in der Esoterik mit der Farbe Rot (Blut), Wildheit, Feuer, Angst und Unruhe assoziiert. Die dazu passende "Marspflanze" ist Belladonna, die Tollkirsche.

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Das "Venusmetall" Kupfer wird zur Behandlung von Krämpfen verwendet.

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Das "Sonnenmetall" Gold soll hingegen bei Herz- und Kreislauferkrankungen helfen.

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Unter Esoterik wird jede Disziplin verstanden, die weder empirisch noch rational überprüfbar ist und daher nicht mit wissenschaftlichen Erkenntnissen übereinstimmt, sondern ihnen vielmehr widerspricht, und die sich mit mythischen und spirituellen Themen befasst. Anhänger esoterischer Praktiken glauben an Phänomene, die auf alle Bereiche unseres Universums einwirken und auch den menschlichen Körper und dessen Gesundheit direkt betreffen: Sie glauben an einen in "Hierarchien" von oben nach unten alles durchdringenden kosmischen Geist.

Göttlicher Ursprung

Die meisten der heute in Europa so populären esoterischen Heilpraktiken fußen auf dem Götterglauben sowohl der Antike als auch der Okkultismusbewegung des 19. Jahrhunderts und sind eng mit der Astrologie verwandt. Vielen der esoterischen Scheintherapien, wie etwa Astromedizin, Anthroposophie, Ayuverda, Geistheilen und vor allem Homöopathie, sind folgende Anschauungen gemeinsam. Der Glaube ...

  • ... an die "göttlichen Ursubstanzen/Urprinzipien/Archetypen", so zum Beispiel die "zehn Planeten" der symbolischen Astrologie.
  • ... an eine geheime "Lebensenergie" (vis vitalis), die allem Lebendigen zugrunde liegen soll. Krankheit ist etwa in der Homöopathie eine "Verstimmung der Lebenskraft".
  • ... an eine "Feinstofflichkeit" beziehungsweise "geistige Kraft der Materie", wie sie etwa bei Homöopathie durch Potenzieren hervorgebracht wird.
  • ... an "Blockaden", an "harmonische und disharmonische Schwingungen" und an heilige Zahlen wie die Vier, Fünf, Zehn und Zwölf.

Analogien mit Pflanzen und Planeten

In der Homöopathie und der gesamten Esoterik spielen auch Analogien eine wesentliche Rolle: Diese Vorstellungen finden sich in der antiken Signaturlehre, wonach aus dem Aussehen einer Pflanze Schlüsse auf ihre medizinische Wirksamkeit gezogen werden können, genauso wie auch im obsoleten Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie. So sollen sich etwa die Eigenschaften des Kriegsgotts Mars in bestimmten irdischen Marspflanzen finden.

Die deutsche Homöopathin Barbara Stelzer etwa beschreibt in einem Interview in den "Salzburger Nachrichten" die Segnungen der schwarzen Tollkirsche, Belladona, die, wie auch Aconitum oder Allium, in der Esoterik als Marspflanze gilt. Sie wird bei heftigen, feurigen, fieberhaften Infektionen eingesetzt, die mit hochrotem Kopf, Unruhe und weiten Pupillen der Angst einhergehen, alles Eigenschaften, die mit dem Kriegsgott Mars in Verbindung gebracht werden. Ähnlich argumentierte auch der Homöopath Clemens Fischmeister in einem Artikel im "Facharzt". Dort beschrieb er "die Heilung von oben und unten, vom wichtigen zum weniger wichtigen Organ" – wobei die Haut als "unwichtigstes Organ des Menschen" beschrieben wird.

Gold gegen Herzerkrankungen

Neben dem Mars finden sich in der Astromedizin und der Homöopathie auch weitere Analogien zu anderen Planeten und ihnen zugeordnete Symptome. So wird der Saturn mit der Farbe Bleigrau, dem Metall Blei, mit einem reduziertem Allgemeinzustand, Verhärtungen und Steinleiden in Verbindung gebracht. Daher werden die irdischen Ursubstanzen der "Saturnpflanze" Lycopodium und metallisches Blei in der Homöopathie genau gegen derartige Symptome verordnet. Weiters wird Gold als "Sonnenmetall" in der Homöopathie gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen verwendet, das "Jupitermetall" Zinn bei Erkrankungen des Nervensystems oder das "Venusmetall" Kupfer zur Behandlung von Krämpfen.

In der Homöopathie spielen auch "heilige Zahlen" der Esoterik eine wichtige Rolle. So steht die Zahl Zwölf für die zwölf "Modalitäten", also die zwölf angeblichen "Umwelteinflüsse", die Zahl Zehn für die zehn "Organ- und Emotionshierarchien" beziehungsweise die "Verschüttelungsschritte", die Zahl Fünf für die Dosiseinheit bei der Einnahme von Globuli oder Tropfen und die Zahl Vier für die obsolete "Vier-Säfte-Lehre" des Hippokrates – entsprechend den vier "Konstitutionen" der Homöopathen.

Vom Feinstofflichen und Potenzieren

Eindeutig irrational und esoterisch ist auch die Vorstellung der Homöopathen vom "Potenzieren". Dabei wird durch fortlaufendes Verdünnen und zehnmaliges Schütteln in Richtung Erdmittelpunkt angeblich "Stoffliches in Feinstoffliches" umgewandelt. Das Dogma dazu lautet: "Je stärker eine Ursubstanz potenziert wird, desto stärker ihre Wirkungen und auch ihre möglichen Nebenwirkungen." Hochpotenzen sollen demnach "extrem wirksam" sein, zum Beispiel die Verdünnungsstufe D30, die einem aufgelösten Salzkorn im Volumen der ganzen Galaxis entspricht – und darin ist natürlich kein einziges Molekül der angeblichen Wirksubstanz mehr vorhandeln.

Wäre die Wirksamkeit dieser Hochpotenzen erwiesen, dann müsste die gesamte Naturwissenschaft umgeschrieben werden, da die Dogmen der Homöopathie allen bekannten Naturgesetzen vollkommen widersprechen. Das geben Homöopathen zwar zu, doch sie erklären, dass eben die im Wasser gespeicherten "Informationen" die Wirksamkeit ihrer "Therapie" ausmachen würden, obwohl ihnen bewusst sein sollte, dass Wasser kein "Gedächtnis" besitzt und Schwingungen im Wasser nicht konserviert werden können.

Es ist auch irrational, zu behaupten, "dass durch Schütteln und Verdünnen allein die Ursubstanz eine immer stärkere Wirkung entfaltet", hingegen die stets mitpotenzierten unzähligen Verunreinigungen aus dem Lösungsmittel, der Ursubstanz, der Luft und den Behältnissen keine Wirkungen und Nebenwirkungen auslösen. Auf dieses Verunreinigungsdilemma kennt die Homöopathie keine Antwort.

Wunschdenken und Zeitmangel

Bereits 1834 wurde in Nürnberg erstmals ein großangelegtes Experiment mit potenziertem Kochsalz durchgeführt. Es scheiterte kläglich. Seitdem bemühen sich Homöopathen mit mehr oder weniger redlichen Studien vergeblich, ihre Pseudowissenschaft als Wissenschaft zu verkaufen. In sektenhafter Manier akzeptieren Homöopathen weder ernsthafte, für sie negative Studien noch Kritik und machen mit einer sehr effizienten PR-und Lobby-Arbeit gute Geschäfte: Die Argumente "Homöopathie ist wirksam, nebenwirkungsfrei, naturverbunden und ganzheitlich" ziehen, stimmen aber leider nicht.

Dass noch heute so viele Menschen, auch Heiler und Ärzte, fest an Scheinmedizin wie die Homöopathie glauben, hängt im Wesentlichen mit der Natur des Menschen zusammen, der zu Wunschdenken und Selbsttäuschung neigt, teilweise aber auch mit einer Ärzteschaft, die für ihre Patienten zu wenig Zeit aufbringt. (Theodor Much, Krista Federspiel, 26.10.2016)