Graumulle sind sogenannte eusoziale Säugetiere, die ähnlich wie Insekten in Kolonien leben. Wie sich zeigt, ist die Arbeitsteilung aber durchaus flexibel.

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Wien/Cambridge – Mulle zählen eindeutig zu der weniger kuscheligen Nagetiersorte. Insbesondere Nacktmulle (Heterocephalus glaber) mit ihren langen schmalen Nagezähnen und winzigen Augen scheinen so gar nichts mit Mäusen oder Hörnchen gemein zu haben. Graumulle (Fukomys damarensis) haben immerhin ein Fell, ähneln aber in der Lebensweise ihren haarlosen Verwandten: Die bis zu 20 Zentimeter langen Tiere leben in großen unterirdischen Kolonien und gelten als eusoziale Säugetiere, die wie Ameisen und Bienen in einem Kastensystem mit spezialisierten Arbeitern leben. Doch im Unterschied zu den Insekten sind Mulle offenbar flexibler als gedacht. Wie ein österreichischer Forscher nun im Fachjournal "PNAS" berichtet, verändern Graumulle ihr Verhalten mit dem Alter.

Der österreichische Biologe Markus Zöttl, der am Department of Zoology der Universität Cambridge (Großbritannien) forscht, hat mit Kollegen die sozialen Verhaltensweisen von Damara-Graumullen je nach Alter, Größe und Geschlecht beobachtet – das heißt, welchen gemeinnützigen "Jobs" sie nachgehen. Dazu gehören etwa Gänge graben, nach Futter suchen, ein Nest für den Nachwuchs bauen und die Kleinen umsorgen.

Neue Jobs im Alter

Sollten sie wie manche Ameisen, Termiten und Bienen fixe Kasten haben, dann müssten die einzelnen Individuen unterschiedliche Entwicklungswege einschlagen und ihr Leben lang bei einer Aufgabe bleiben. Dies war aber nicht der Fall. Stattdessen änderten sich die Verhaltensmuster je nach dem Alter der Tiere und einzelne Tiere spezialisierten sich nicht auf besondere Aufgaben.

"Die Graumulle sind anderen sozialen Säugern wie Erdmännchen und Wildhunden ähnlicher als bisher gedacht", erklärte Zöttl. Damit unterscheiden sie sich von manchen hochsozialen Insekten und es könnte sein, dass starre Kasten im Tierreich den wirbellosen Tieren vorbehalten sind, betonte der Forscher.

Bei den Nagern vermehrt sich zwar in einer Kolonie nur das dominante Pärchen, die anderen Tiere sind aber nicht steril, wie es etwa bei Bienen und Ameisen der Fall ist. Sie können sehr wohl ausziehen, sich vermehren und eine eigene Kolonie gründen.

Diese Untersuchungen haben die Forscher in der Kalahari gemacht, einer Dornstrauchsavanne im südlichen Afrika. Dort haben die Damara-Graumulle ihren natürlichen Lebensraum. Die Tiere wurden aber nicht in der Wildnis beobachtet, sondern Zöttl und Kollegen haben eingefangene Tiere in einem künstlichen Höhlensystem gehalten und studiert. (APA, red, 30.8.2016)