Zumindest diese drei Panzerfischspezies haben die jetzige Fossilienlagerstätte einst zur Aufzucht ihrer Jungen genutzt. Von oben nach unten: Turrisaspis strudensis, Grossilepis rikiki und Phyllolepis undulata.

Foto: Justine Jacquot-Hameon/PLOS-One

Brüssel – Einen ganz besonders seltenen Fund haben Forscher in einem Steinbruch im belgischen Strud gemacht: Sie legten Fossilien aus dem späten Devon, einer Zeit vor über 360 Millionen Jahren, frei, die einen marinen "Kindergarten" zeigen. Und dieser Kindergarten wurde nicht nur von einer Spezies, sondern von mehreren gleichzeitig genutzt – ein Phänomen, das man heute auch bei verschiedenen Fischarten finden kann.

Die Panzerfische

Die Spezies, die den devonischen Kindergarten nutzten, waren aber keine Fische im eigentlichen Sinn, sondern Panzerfische (Placodermi). Sie waren die direkten Nachfahren der ersten Wirbeltiere, die Kiefer entwickelt hatten. Die gemeinsamen Vorfahren der heutigen Knochen- und Knorpelfische bildeten parallel zu den Panzerfischen eine ganz andere Entwicklungslinie. Die Panzerfische haben heute keinerlei Nachfahren mehr.

Die Placodermi entwickelten sich vor etwa 420 Millionen Jahren. Typisch für sie war der namensgebende Panzer aus Knochenplatten, der Kopf und Rumpf schützte. Ihr bekanntester Vertreter war der monströse Räuber Dunkleosteus, der eine Länge von zehn Metern erreichen konnte. Vor etwa 360 Millionen Jahren starben die Panzerfische wieder aus – das belgische Fossil, das im Fachmagazin "Plos One" vorgestellt wurde, stammt also vom Ende ihrer Ära.

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Furchterregender Höhepunkt der Panzerfischentwicklung: Dunkleosteus.
Foto: REUTERS/Field Museum

Die Forscher um den Wirbeltierpaläontologen Sébastien Olive vom Königlich-Belgischen Institut für Naturwissenschaften stießen in der Fundstätte auf die Überreste der Jungtiere dreier verschiedener Panzerfischspezies: Turrisaspis strudensis, Grossilepis rikiki und Phyllolepis undulata. Fossilien von ausgewachsenen Tieren fanden sich hingegen nicht.

Es könnte sich auch um einen Zufall handeln – zustande gekommen dadurch, dass die schwachen Strömungen vor Ort nur kleine Körper transportieren konnten, Kadaver von großen Exemplaren hingegen nicht. Dagegen spricht laut den Forschern aber, dass sich dort auch Skelettteile anderer, größerer Wasserbewohner fanden. Am Wasser habe es also nicht gelegen.

Bewährte Strategie

Olive und seine Kollegen gehen davon aus, dass es sich bei der Fundstätte einst um eine flache Stelle, umgeben von stacheligen Pflanzen, handelte, die den Jungtieren Schutz bot, während sich die Eltern nach Eiablage oder auch Lebendgeburt in tiefere Gewässer zurückzogen: offenbar eine bewährte Fortpflanzungsstrategie, da sie damals wie heute und noch dazu bei nicht miteinander verwandten Tiergruppen zum Einsatz kam und kommt. (jdo, 10. 9. 2016)