Lange war umstritten, wie heftig der Zusammenstoß zwischen der jungen Erde und dem Theia genannten Protoplaneten tatsächlich war, der unseren Mond entstehen ließ.

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St. Louis / Wien – Warum ist der Mond im Verhältnis zur Erde so groß? Wie kommt es, dass er eine so erdähnliche Zusammensetzung aufweist? Unter all den teils recht fantasievollen Hypothesen hat sich in den 1970er-Jahren letztlich die spektakulärste durchgesetzt: die Kollisionstheorie. Sie besagt, dass unser Heimatplanet rund 150 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems von einem etwa marsgroßen Himmelskörper getroffen wurde. Material dieses Protoplaneten namens Theia vermischte sich mit der herausgeschlagenen Kruste der jungen Erde und bildete so schließlich unseren Trabanten.

Problematische Isotope

So plausibel die These auch zunächst schien, sie hatte einen wesentlichen Haken: 2001 stellten Wissenschafter fest, dass die isotopische Zusammensetzung einiger Elemente von Mondgestein mit jener von terrestrischem Material praktisch identisch ist. Das wollte so gar nicht zu jenen Simulationen passen, die voraussagten, dass der Mond zu mindestens 70 Prozent aus Material besteht, das Theia beigesteuert hatte.

Der isotopische "Fingerabdruck" des Impaktors fehlte demnach völlig – und die Theia-Hypothese hatte damit ein gröberes Problem, das Wissenschafter mit alternativen Szenarien zu lösen versuchten. Die bisher überzeugendste These ging davon aus, dass der Protoplanet mit verhältnismäßig geringer Energie unsere Erde traf, was dem geschmolzenen Material aus Erde und Theia mehr Zeit gab, sich zu vermischen und die Spuren des Impaktors mehr oder weniger zu tilgen.

Geochemikern um Kun Wang von der Washington University in St. Louis ist es nun gelungen, dieses Szenario zu widerlegen. Die Forscher haben eine innovative Methode entwickelt, mit der sich minimale Unterschiede bei der Verteilung des Elements Kalium zwischen Erd- und Mondgestein feststellen lassen, die mit bisherigen Verfahren jenseits der Nachweisgrenze lagen. Wie sie nun in "Nature" berichten, liefern die festgestellten isotopischen Unterschiede zwischen Erdgestein und Mondfelsen tatsächlich den ersten experimentellen Beweis dafür, dass der Mond bei einem heftigen Frontalzusammenstoß mit einem großen Protoplaneten entstanden ist.

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Theia mit hoher Geschwindigkeit mit der Erde kollidiert ist. Die große Wucht des Aufpralls setzte Energien frei, die einen großen Teil des Erdgesteins aufgeschmolzen und ins All geschleudert haben. (Thomas Bergmayr, 12.9.2016)