Haben ein Sicherheitspaket geschnürt, das beiden nützt, aber dem Kanzler keine Sonderkompetenzen gibt: Innenminister Sobotka und Verteidigungsminister Doskozil.

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Wien – Die Zufriedenheit steht Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) ins Gesicht geschrieben: Als er nach dem Ministerrat vom Beschluss des Sicherheitspakets der Koalition berichtet, ist eine wesentliche Stärkung seines Ressorts festgeschrieben. Das Bundesheer wird künftig alleinverantwortlich den Schutz der wichtigsten 190 Objekte der sogenannten "kritischen Infrastruktur" sicherstellen – dabei geht es etwa um Kraftwerke und Wasserversorgung. 10.000 Mann hat das Bundesheer dafür zur Verfügung, wobei nach kurzer Zeit die Miliz aufgeboten werden müsste.

Keine Richtlinienkompetenz

Auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) lächelt erfreut: Das "Sicherheitskabinett", das nun festgeschrieben wird, soll aus sechs Ministern (Kanzler, Vizekanzler, Innen-, Außen-, Verteidigungs- und Finanzminister, bei Bedarf auch andere Fachminister) bestehen – aber es wird ein Kollegialorgan sein, in dem es kein Weisungsrecht für den Bundeskanzler geben wird. Damit ist die andiskutierte Richtlinienkompetenz für den Regierungschef erst einmal vom Tisch.

Und überhaupt schwächt der schwarze Minister ab: "Die Zuständigkeiten der Ressorts bleiben unberührt. Es gibt keine Änderung der geübten Praxis. Das ist kein Operieren des Bundesheers im Inneren." Es werde eben auf eine rechtliche Basis gestellt, was bisher auf politischer und beamteter Ebene ohnehin an Zusammenarbeit bestanden hat und gegebenenfalls in der 7er- oder 5er-Lage (mit Vertretern der entsprechenden Ressorts) koordiniert wurde.

Neue Verfassungsbestimmung

Neu ist allerdings: Die umfassende Sicherheitsvorsorge soll – ähnlich der umfassenden Landesverteidigung – als Staatsziel in die Bundesverfassung. Das Krisenmanagement kommt in ein eigenes Gesetz, das auch die Zusammenarbeit des Sicherheitskabinetts mit dem Parlament und überhaupt die Befristung dieser Einrichtung vorsieht. Dieses Sicherheitskabinett soll binnen eines Tages zusammentreten können und die Kräfte der Republik bündeln.

Stärkung der Geheimdienste

Dabei geht es auch um die Kräfte der Nachrichtendienste, wie Sobotka beinahe nebenbei erwähnt. Verstärkte Zusammenarbeit von Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Heeresnachrichtenamt und Abwehramt sei "ganz wesentlich" in der Terrorprävention. Es werde "verstärkte Prävention" im öffentlichen Raum geben, "das ist auch eine Frage der Überwachung im öffentlichen Raum", merkte der Innenminister an.

Stichwort Überwachung: Hier bekommt das Bundesheer verstärkte Kompetenzen, nicht nur bei den Geheimdiensten, die personell und materiell aufgestockt werden sollen, sondern auch bei der Bewachung von Botschaften. Diese ist derzeit eine Assistenzleistung für das Innenministerium – 120 Soldaten sind an 24 Standorten in Wien unterstützend eingesetzt. Künftig soll so ein Einsatz direkt vom Ministerrat angeordnet werden können.

Luftraumüberwachung über die Grenzen hinaus

Auch in der Luftraumüberwachung gibt es Neuerungen: Erstens wurde eine eigenständige Zuständigkeit der Luftpolizei festgeschrieben, zweitens soll es mit den Luftwaffen der Nachbarstaaten Vereinbarungen über die grenzüberschreitende "Nacheile" geben – ähnlich wie zu Lande die Polizei im Einsatz nicht an der Grenze Halt machen muss, sollen Abfangjäger ein Flugzeug auch über Staatsgrenzen hinweg verfolgen dürfen. Ein erstes Abkommen mit der Schweiz ist in Arbeit. Und drittens soll es eine verstärkte Kooperation mit den Flugzeugwerften der Nachbarstaaten geben, was etwa Wartungskosten des Eurofighters senken könnte.

Schnellere Katastrophenhilfe

Weiters enthalten im Sicherheitspaket: Mehr Selbstständigkeit des Bundesheers bei der Katastrophenhilfe – wenn die Ersthilfe durch die Feuerwehren an ihre Grenzen stößt, soll das Militär rascher beigezogen werden können. Dafür soll es eigene 15a-Vereinbarungen mit den Ländern geben. Heer und Polizei sollen ermächtigt werden, beim Schutz der EU-Außengrenzen zu unterstützen (was sie auch derzeit schon tun), und die Regierung will anderen Staaten beim Aufbau entsprechender Einrichtungen ("Asyl- und Migrationszentren in relevanten Drittstaaten") helfen. Auch dafür werden etliche Gesetze – etwa das Entsendegesetz – präzisiert werden müssen. (Conrad Seidl, 27.9.2016)