Bild nicht mehr verfügbar.

Ausgerechnet Donald Trump, der im Wahlkampf häufig seinen Reichtum als Qualifikation für das Amt des US-Präsidenten ins Treffen führt, könnte jetzt von den Schatten der Vergangenheit eingeholt werden: Eine Steueraffäre belastet den republikanischen Kandidaten schwer.

Foto: Reuters / Ernst

So beharrlich wie Donald Trump hat sich schon lange kein Präsidentschaftskandidat mehr geweigert, seine Steuererklärung offenzulegen. Seit Richard Nixon im Weißen Haus residierte, gehört es zu den ungeschriebenen Gesetzen amerikanischer Wahlkämpfe, die Zahlen freizugeben. Dass Trump es bisher nicht getan hat, begründete er mit einer laufenden Steuerprüfung, die ihn leider daran hindere, auch wenn ihm die Steuerbehörde sanft widersprach. Der wahre Grund ist ein anderer: Wie die New York Times in ihrer Sonntagsausgabe vorgerechnet hat, könnte der Immobilientycoon 18 Jahre lang nicht einen Cent an Einkommensteuern gezahlt haben.

Zurückzuführen ist es auf eine Pleitenserie, die ihn Anfang der 1990er-Jahre am Rande des finanziellen Ruins wandeln ließ. Als seine drei luxuriösen, überdimensionierten Spielcasinos in Atlantic City nicht die Einnahmen erzielten, die er sich erhofft hatte, stand der hochverschuldete Unternehmer kurz vor dem Bankrott. Eine Fluglinie, spezialisiert auf die vergleichsweise kurzen Strecken zwischen den Metropolen der Ostküste, erwies sich als Flop. In Manhattan erlitt er Schiffbruch mit dem Plaza Hotel, einem architektonischen Juwel, bei dessen Kauf er sich übernommen hatte. Kurzum, 1995 machte Trump einen Verlust von 916 Millionen Dollar geltend.

Mit damals legalen Abschreibungsmöglichkeiten dürfte er sein zu versteuerndes Einkommen um rund 50 Millionen Dollar pro Jahr heruntergerechnet haben, vermuten Experten, die das Zahlenwerk für die New York Times analysierten. Und zwar für die drei Jahre vor und die 15 Jahre nach dem angegebenen Verlust. "Er hat persönlich enorm profitiert von seinem wirtschaftlichen Zerstörungswerk", zitiert die Zeitung einen der von ihr befragten Experten, Joel Rosenfeld, einen auf Immobilien spezialisierten Professor der New York University.

Kein Dementi

Die Echtheit der Papiere, die dem Blatt zugespielt wurden, bestreitet Trumps Stab nicht. Als ihm seine Kontrahentin Hillary Clinton in der ersten von drei Fernsehdebatten vorhielt, keine Einkommensteuer zu zahlen, gab Trump impulsiv und selbstverliebt wie immer zurück: Das beweise nur, wie schlau er sei. Nach der jüngsten Enthüllung indes versagte er sich jedes Eigenlob und drohte stattdessen aufgebracht mit rechtlichen Schritten.

Keine Frage, die Sache kommt ihm ungelegen. Nicht, dass sich seine treuesten Anhänger daran stoßen würden. Doch Wähler, die in der politischen Mitte angesiedelt sind und Trumps überaus düstere Beschreibung der amerikanischen Wirklichkeit nicht teilen, bekommen zunehmend Bauchschmerzen.

Nicht zuletzt seine ungezügelten Attacken gegen Alicia Machado, eine frühere Schönheitskönigin, haben in der weiblichen Wählerschaft Zweifel verstärkt, ob Trump jemals das Format erlangen kann, das einer braucht, um sein Land würdig repräsentieren zu können. Vor ein paar Tagen schrieb er noch nachts um drei Twitter-Zeilen zur Causa Machado, zum Fall einer inzwischen eingebürgerten Venezolanerin, die er einst verspottete, weil sie an Gewicht zugelegt hatte.

Verluste in Umfragen

Ob er nichts Besseres zu tun habe, ob es keine wichtigeren Probleme gebe, lautete daraufhin der Tenor der Kommentare. In jüngsten Umfragen ist Trump wieder zurückgefallen, nachdem er in einigen der alles entscheidenden Swing-States an Clinton vorbeigezogen war. In Florida, Pennsylvania und Michigan liegt er – teils mit deutlichem Abstand – hinter seiner Rivalin, während er in Ohio nach wie vor die Nase vorn hat. Eine Übersicht der Website Real Clear Politics sieht ihn momentan landesweit bei 44 Prozent, seine Konkurrentin bei 47 Prozent der Stimmen: Was die neuesten Steuerenthüllungen bewirken, ist dabei noch nicht eingerechnet.

Jedenfalls dauerte es nicht lange, da meldete sich Trump via Twitter zu Wort, um die Geschichte ins Positive zu drehen. Er kenne Amerikas komplizierte Steuergesetze besser als jeder andere, der sich je um die Präsidentschaft beworben habe, schrieb er. "Und ich bin der Einzige, der sie reparieren kann." (Frank Hermman aus Washington, 3.10.2016)