Manche Astronomen halten Kometen dafür verantwortlich, dass Tabbys Stern sich so seltsam verhält – doch nicht alle stimmen mit dieser Erklärung überein. Die neuesten Untersuchungen lassen sich jedenfalls damit nicht vollständig erklären.

Illustr.: JPL-Caltech/NASA

Pasadena – Im vergangenen, an spannenden astronomischen Beobachtungen nicht gerade armen Jahr, ist ein Stern ganz besonders aufgefallen: KIC 8462852 zeigte ein dermaßen seltsames Verhalten, dass selbst renommierte Wissenschafter das Wirken einer außerirdischen Zivilisation nicht völlig ausschließen wollten. Der Stern durchlief während seiner Beobachtung durch das Weltraumteleskop Kepler eine Serie von sehr kurzen, nicht-periodischen Verdunkelungen, die sich nicht so ohne Weiteres erklären ließen.

Das unter Tabbys Stern bekannt gewordene stellare Kuriosum liegt in rund 1.480 Lichtjahren Entfernung von der Erde und ist mit einer scheinbaren Helligkeit von 12 mag nur mit Teleskopen zu sehen. Seinen Spitznamen hat er von Tabetha Boyajian von der Yale University, der Hauptautorin der ersten, aufsehenerregenden Veröffentlichung vom September 2015.

Nun haben zwei Astronomen ein neuerliches, mindestens ebenso mysteriöses Verhalten bei KIC 8462852 festgestellt: Wie Josh Simon von der Carnegie Institution for Science und Ben Montet vom California Institute of Technology im "Astrophysical Journal" berichten, büßt der Hauptreihenstern der Spektralklasse F mit rund eineinhalbfacher Sonnenmasse auch insgesamt erheblich an Leuchtkraft ein.

Kometen unwahrscheinlich

Für die zuvor beobachteten kurzfristigen Helligkeitsveränderungen wurden zahlreiche Theorien ins Feld geführt. Einige Wissenschafter spekulierten etwa, dass eine ungewöhnlich große Gruppe von Kometen den Stern immer wieder verdeckt und damit vorübergehend abdunkelt. Andere verwarfen diese Idee mit dem Argument, dass laut ihren Berechnungen über 600.000 Kometen nötig wären, um die festgestellten Verdunkelungen herbeizuführen. Also doch Megastrukturen einer Alienzivilisation?

So weit würden Simon und Montet zwar nicht gehen, doch rätselhaft seien die Erkenntnisse allemal, die sie bei einer weiteren Analyse der Kepler-Daten gewonnen haben. Die Astronomen stellen nämlich fest, dass Tabbys Stern im Verlauf der ersten drei Beobachtungsjahre allmählich rund ein Prozent an Leuchtkraft verlor. Dann aber wurde der Stern innerhalb der folgenden sechs Monaten plötzlich um außergewöhnliche zwei Prozent finsterer und verblieb für den Rest der Beobachtungszeit von weiteren sechs Monaten auf diesem Niveau.

Um zu sehen, ob auch andere Sterne ein solches Verhalten zeigen, untersuchten die Forscher über 500 ähnliche Sterne. Ein winziger Bruchteil davon verlor tatsächlich etwas an Leuchtkraft, doch keines der Beobachtungsobjekte verdunkelte sich so kurzfristig und in diesem enormen Ausmaß.

Leuchtkraftverlust ohne Beispiel

"Die Helligkeitsänderungen bei KIC 8462852 sind wirklich verblüffend", meint Montet. "Unsere sehr genauen Messungen über vier Jahre hinweg demonstrieren, dass der Stern tatsächlich allmählich an Leuchtkraft verliert. Für diesen Sternentyp sind unsere Beobachtungen bisher ohne Beispiel. Zumindest in den Kepler-Daten konnten wir nichts Vergleichbares entdecken."

Die kurzfristige Verdunkelung im Verlauf von sechs Monaten ließe sich laut Simon und Montet vielleicht noch mit dem Auseinanderbrechen eines Exoplaneten erklären, dessen Trümmerwolke das Licht blockieren kann. Was allerdings für den vorangegangenen allmählichen Leuchtkraftverlust im Verlauf der ersten drei Jahre verantwortlich ist, bleibt für die Astronomen völlig unklar. (tberg, 9.10.2016)