Der Schweinebauch hat in den vergangenen Jahren enorm an Boden gewonnen: kaum eine ansatzweise ambitionierte Speisekarte, auf der er nicht zumindest einen kleinen Auftritt hat. Das ist auch gut so, er ist einer der besten Teile des Schweins und ungleich vielseitiger, geschmackvoller und auch noch günstiger als ein Gutteil der Konkurrenz. Allerdings: Schweinebauch ist so gut, dass er Gefahr läuft, das gesamte Bauch-Koch-Genre monopolistisch zu dominieren – auch andere Tiere haben köstliche Bäuche.

Jener vom Lamm bietet sich besonders an: Er hat alle Vorteile eines Bauchs – er ist fett und, weil der spezifische Geschmack eines Tiers immer in seinem Fett sitzt, eines der geschmacksintensivsten Stücke; er vergibt dem Koch fast alles, außer zu kurze Garzeiten, und schmeckt selbst bei nicht perfekter Zubereitung ziemlich gut; und anders als die Konkurrenz vom Schwein oder gar Rind ist er handlich genug, um in seiner Gesamtheit in einer normalen Küche verarbeitet zu werden.

Foto: Tobias Müller

Zart gegart in zwei bis drei Stunden

Besonders gut eignet er sich zum Schmoren, was praktisch ist, weil der Winter kommt beziehungsweise schon da ist. Weil er viel dünner ist als der Schweinebauch, dauert es keine vier, fünf, sechs Stunden, bis er eine löffelweiche Konsistenz erreicht hat, in zwei bis drei Stunden ist so ein Lammbauch zart gegart. Außerdem hat er geschmacklich eine natürliche Affinität zu Obst aller Art: Ich habe diverse Lammbäuche in den vergangenen Wochen mehrmals mit Zwetschken, Rotwein, Sellerie, viel Knoblauch, etwas Fenchel und Chili geschmort und dann mit einem weiteren Wintergemüse, dem Grünkohl, serviert.

Das Ergebnis ist ziemlich umwerfend: Die Früchte liefern genug Süße und Säure, der Bauch eine Sintflut an Geschmack, Fenchel und Sellerie bieten etwas Frische im Hintergrund, der Kohl sorgt dafür, dass es nicht gar zu suppig und braun wird. Um sicherzugehen, dass es auch genug umami ist, habe ich noch einen ordentlichen Schuss Fischsauce dazugekippt (wie eigentlich in jeden Eintopf). Gegessen werden kann es als Eintopf, komplett mit dem Löffel. Weiterer Pluspunkt: Es kocht sich quasi von selbst.

Bei meiner Fleischerin gibt's derzeit gerade noch Lämmer, der nächste Schub kommt dann wohl kurz vor Weihnachten. Und falls die Zwetschken- oder Lammsaison schon vorbei ist, wenn Sie das lesen: Birnen und Beinfleisch vom Rind tun's auch.

Lammbauch, Zwetschken, Kohl

Ich rechne ungefähr ein halbes Kilo entbeinten Lammbauch für zwei Personen. Das ist großzügig bemessen, allerdings sind Lammbauch-Sandwiches, etwa mit ordentlich Senf und Fenchel, am nächsten Tag eine ganz wunderbare Sache. Wenn Sie Ihren Lammbauch einkaufen, gibt es also überhaupt keinen Grund, nicht einfach so viel wie möglich zu nehmen.

Foto: Tobias Müller

Die ganze Zubereitung dauert ungefähr drei Stunden, allerdings sind davon höchstens 30 Minuten aktive Arbeit. Ich mache mir bei dem Gericht und der langen Schmorzeit nicht einmal die Mühe, das Schmorgemüse klein zu schneiden. Der Eintopf kann auch problemlos vorbereitet und dann aufgewärmt werden.

Den Lammbauch ordentlich auf beiden Seiten salzen, idealerweise schon ein paar Stunden vor dem Kochen. So einrollen, dass die Hautseite nach außen zeigt, und verschnüren.

Foto: Tobias Müller

Einen Gusseisenbräter auf mittlere Hitze bringen, Öl Ihrer Wahl hineingießen und ordentlich gemahlenen Kreuzkümmel hineinstreuen, dann den Bauch auf allen Seiten anbraten, bis er schön braun geworden ist.

Herausnehmen, beiseitelegen und im ausgetretenen Fett einige ganze Frühlingszwiebeln, ein paar Stück Stangensellerie, Chili nach Geschmack und einige Fenchelstücke (am besten die grünen Abschnitte) anbraten.

Mit einem kräftigen Schuss Rotwein ablöschen, einkochen und verdampfen lassen. Nach Lust, Laune und Rotweinpreis zwei- oder dreimal wiederholen. Ein bis zwei Handvoll halbierte, erntkernte Zwetschken dazuwerfen und eine halbe Knoblauchknolle in der Mitte durchschneiden und ebenfalls in den Topf legen. Den Lammbauch auf das Obst und Gemüse betten.

Foto: Tobias Müller

So viel Rotwein in den Topf gießen, dass gerade einmal das Schmorgemüse bedeckt ist, der Lammbauch aber nur eine nasse Unterseite bekommt. Einen kräftigen Schuss Fischsauce dazugießen (ein wenig dunkle Sojasauce hat auch noch nie geschadet), Deckel schließen und bei 140, 150 Grad 2 1/2 bis 3 Stunden im Rohr schmoren. Mit dem Messer prüfen, ob der Lammbauch butterweich ist – im Zweifelsfall noch etwas länger ziehen lassen. Aus dem Rohr nehmen und mindestens eine halbe Stunde, gern auch ein paar Tage rasten lassen.

Wer noch einiges an Haut/Bindegewebe außen auf seiner Lammbauchrolle hat, kann ihn kurz vor dem Servieren entweder auf allen Seiten scharf anbraten oder bei 250 Grad und Umluft kurz ins Backrohr packen, um die Haut schön knusprig zu bekommen. Dann in daumendicke Scheiben schneiden.

Foto: Tobias Müller

Den Grün- oder Schwarzkohl von den Stielen schneiden (die können übrigens wunderbar vergoren werden) und die Blätter in mundgerechte Streifen schneiden.

Foto: Tobias Müller

Eine Pfanne sehr heiß werden lassen, etwas Erdnussöl hineingeben und den Kohl darin braten, bis er etwas karamellisiert/angebrannt ist und zusammenfällt, etwa drei, vier Minuten. Nicht zu viel Kohl auf einmal in die Pfanne packen, lieber in zwei Durchgängen braten.


Foto: Tobias Müller

Das Schmorgemüse aus der Sauce nehmen, die Zwetschken aufheben, den Rest wegwerfen. Den Kohl auf Teller geben, Zwetschken untermischen, mit ordentlich Sauce übergießen – das soll suppig werden – und mit dem in Scheiben geschnittenen Bauch belegen. Mahlzeit.

Foto: Tobias Müller

Weinbier-Update

Das Weinbier hat meine Erwartungen übertroffen, sowohl die Hefe aus dem Pinot Noir als auch der frisch gärende Weiß- und Grauburgunder-Sturm haben ganze Arbeit geleistet. Ich war mir nicht sicher, ob die Flaschengärung mit der Traubensaft-Dosage funktionieren würde – als ich aber die erste Bügelflasche aufgedrückt habe, hat es so laut gepoppt, dass ich sogar ziemlich erschrocken bin. Das Bier ist entsprechend wunderbar karbonisiert und der Schaum ist äußerst ansehnlich, auch wenn er zugegeben nicht ewig hält. Und der Geschmack? Mild und erfrischend, erstaunlich sauber, gar nicht sauer, mit zarten Milch- und Bananennoten. Könnte noch etwas komplexer und kräftiger sein, aber ein guter Anfang. Eine etwas größere Produktion, vielleicht mit Fassreifung, ist in Vorbereitung.

Ah ja, der Hubert Peter von der Barrikade hat mich seinen wilden Hopfenansatz kosten lassen. Hat gut und sehr mild geschmeckt. Im nächsten Herbst gibt's vielleicht doch noch einen Versuch mit noch mehr Burgenland-Terroir. (Tobias Müller, 30.10.2016)