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Dieser Clown war höchstens ein Horror für die venezolanische Regierung, gegen die er 2014 protestierte.

Foto: Reuters/Tomas Bravo

Wien – Der Horrorclown-Hype aus den USA ist auch in Österreich und Deutschland angekommen. Aus den USA, wo das Phänomen laut Google Trends jährlich kurz vor Halloween auftritt, ist es heuer erstmals auch nach Europa geschwappt. Experten sind sich einig, dass die Kommunikation im Internet solche Hypes verstärke. Klassische Medien sollten aber nicht übertrieben skandalisieren.

Da das Phänomen der Horrorclowns nicht neu ist, hätten Medien das Thema "im Sinne einer aufklärerischen Berichterstattung" früher aufgreifen sollen, sagt Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell. Sie hätten darauf hinweisen sollen, dass ein lustig gemeinter Scherz auch ernsthaft daneben gehen kann.

Clown-Sichtungen auf der Titelseite

Hausjell sieht die klassischen Medien in der Verantwortung. Sie seien in einer "Wettbewerbsfalle" mit Social Media und handelten deshalb unüberlegt. "Die Nachdenkzeit ist online gering", so Hausjell. Er kritisierte Medien, die Clownsichtungen auflisten oder auf die Titelseite rücken und so einen Wettbewerb ausrufen und zu neuen "Scherzen" animieren.

Für die Social-Media-Expertin Judith Denkmayr sind Clownstreiche gefundenes Fressen für soziale Netzwerke. Sie seien "hochgradig shareable", eignen sich also sehr gut, oft geteilt zu werden. "Und die Algorithmen der Plattformen von Youtube bis Facebook spielen dann auch perfekt mit", erklärt Denkmayr. Inhalte, die innerhalb kurzer Zeit viele Shares, Views oder Likes bekommen, werden nämlich noch zusätzlich gepusht.

Nach journalistischen Kriterien beurteilen

Hypes haben laut Denkmayr eine Zeit lang eine sehr hohe Resonanzfähigkeit. "Jeder Beitrag, jeder Artikel der klassischen Medien wird dann auch im Social Web geshared, kommentiert, es kommt Traffic über Suchmaschinen auf die eigenen Medienangebote – im besten Fall ist es also eine Win-win-Situation für alle Beteiligten", so Denkmayr.

Die Social-Media-Expertin stellt allerdings auch die Frage, ob "es – im Sinne der journalistischen Gewichtung von Nachrichtenthemen – wirklich relevant für die großen Medien des Landes ist, wenn in einem Bus der Busfahrer von jemanden mit einer Clownsmaske angegangen wird? Oder ist es nur ein Thema, weil es den Hype füttert?" Das solle nicht heißen, etwas zu verschweigen, aber man sollte Internethypes nach journalistischen Kriterien wie Relevanz und Nutzen beurteilen, so Denkmayr. "Denn der Hype wächst bzw. dauert an, solange er mit neuen Geschichten gefüttert wird."

Nicht bedrohlicher machen, als es ist

"Wir sollten hier nichts skandalisieren", warnte auch Jens Hoffmann, Leiter des Instituts Psychologie und Bedrohungsmanagement in Darmstadt, kürzlich in der "Süddeutschen Zeitung". Die Medienberichterstattung und der Hype in den sozialen Netzwerken findet nämlich immer neue Nachahmer. "Das ist ein Teufelskreis: Bis vor kurzem wäre kaum jemand auf die Idee gekommen, sich als Clown zu verkleiden und Menschen zu erschrecken. Inzwischen ist das zum Selbstläufer geworden", so Hoffmann. Sein Rat: Das Ganze nicht bedrohlicher machen als es ist, sondern überlegen, wie man damit am besten umgeht. Denn: Je mehr Aufmerksamkeit die Horrorclowns bekommen, desto mehr Nachahmer gibt es. (APA, 28.10.2016)