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Wenn aus einem weiteren Zug etliche Stunden werden, Ghandi mit Atomwaffen droht und man Barbaren verflucht, hat man es mit dem rundenbasierten Strategiespiel "Sid Meier's Civilization" zu tun. 1991 erstmals erschienen, gibt es nach einem unrühmlichen Ausflug ins Weltall erneut eine Ausgabe des Klassikers. Dementsprechend hoch waren die Erwartungen an Firaxis Games, dem Entwicklerstudio hinter "Civilization 6". Ist es in dieser Ausgabe also möglich, das Spiel nach einem weiteren Zug zu beenden oder verbringt man Nachtschichten, um die Weltherrschaft an sich zu reißen – dieser Frage ging der GameStandard in einem einwöchigen Test nach.

Bezirke – die wohl wichtigste Neuerung des Spiels.
Sid Meier's Civilization

Verdammte Barbaren!

Im Gegensatz zum futuristischen Vorgänger "Beyond Earth" wird bei "Civilization 6" auf der Erde circa 4000 Jahre vor Christus gestartet. Somit gilt es als einer der 18 Oberbefehlshaber die Spielwelt zu erkunden, zu forschen und wertvolle Ressourcen abzubauen. In dieser frühen Phase hat sich ein Gegner gefunden, der einem das Leben tatsächlich schwer macht: Barbaren. Diese sind im Vergleich zu "Civilization 5" deutlich aggressiver und intelligenter geworden und schwärmen regelmäßig aus, um zu plündern und Truppen zu bekämpfen – somit gilt es bereits früh zum Start auf eine größere Armee zu setzen.

Wahnsinnige Gegner

Das Militär sollte auch im weiteren Verlauf des Spiels eine recht hohe Priorität haben, da die Computer-Gegner in "Civilization 6" dazu neigen, aus dem Nichts Überraschungsfeldzüge durchzuführen. Dies ist mühsam, da dadurch selbst gemäßigte gegnerische Oberbefehlshaber kaum einzuschätzen sind und Partnerschaften somit wertlos sind. Ein diplomatisches Vorgehen ist dadurch unmöglich, vielmehr gilt es auf Bewaffnung zu setzen und auf Überraschungsangriffe mit dementsprechender Verteidigung zu reagieren. Jeder Befehlshaber hat zudem eine bestimmte Präferenz und reagiert erfreut oder beleidigt, wenn man als Spieler dieser nachkommt oder nicht.

Die KI ist somit aktuell noch die größte Baustelle, wenngleich dies bei vorherigen Ausgaben immer eine Schwachstelle war. Bei "Civilization 6" ist das allerdings besonders bemerkbar, da sich die Gegner im Laufe des Spiels immer wieder melden und dabei mit eigenartigen Konversationen auffallen. Beispielsweise kritisieren sie etwa die exorbitanten Ausgaben, obwohl genug Einnahmen fließen oder beschweren sich über mangelnde Kultur, obwohl man auch hier dem gegnerischen Volk klar überlegen ist. Zudem nutzt die KI nicht die gesamte Fülle des Games wie Bezirke oder kombinierte Militäreinheiten aus. Hier muss Firaxis Game definitiv noch nachbessern.

Planung ist alles

Neu bei "Civilization 6" ist ferner, dass Städte durch Bezirke deutlich mehr Charakter erhalten. Diese müssen auf einem Feld platziert werden und können beständig erweitert werden. Dadurch ist es möglich jeder Stadt einen eigenen Fokus und ein eigenes Aussehen zu verleihen. Allerdings gibt es einen durch die Bevölkerung begrenzten Platz für neue Bezirke, somit muss hier vorgedacht und geplant werden.

Dies zieht sich auch durch das restliche Spiel, da es nun einen "Heureka-Bonus" gibt, der etwa die Erforschung einer neuen Politik oder Technik beschleunigt. Ausgelöst wird der Effekt durch die eigenen Aktionen, man sollte somit ständig einige Züge vorausdenken, um den Bonus zu erlangen. Vorausschauend muss nun auch mit den Bauarbeitern umgegangen werden, die nach drei Aktionen verbraucht werden. Diese können auch keine Verbindungen mehr bauen, Straßen werden automatisch über Handelswege erstellt.

Politik neu gemacht

Eine weitere Neuerung ist zudem das überarbeitete Politik-Fenster. Mittels Bonus-Karten wird der eigene Fokus festgelegt. Auch hier gilt es mehrere Züge vorauszudenken und dementsprechend zu planen. Im Laufe des Spiels wird es auch hier deutlich komplexer und man muss einigermaßen gewieft vorgehen, um sich gegenüber den Gegnern einen Vorteil zu verschaffen.

Zum Balancing sei noch angemerkt, dass es bei "Civilization 6" Zivilisationen gibt, die vorerst noch stärker sind als andere. Besonders im Multiplayer-Modus kann dies ausgenutzt werden, wenn es gegen andere menschliche Spieler geht. Auch hier gibt es für den Entwickler noch Arbeit. Im Laufe der Zeit werden mittels DLCs auch einige weitere Völker dazukommen – bei "Civilization 5" hat man es dadurch auf insgesamt 43 Zivilisationen gebracht, darunter auch Österreich.

Grafik und Performance

Augenscheinlichste Änderung ist die Grafik des Spiels. Diese ist nun deutlich verspielter geworden, was wohl für gemischte Reaktionen sorgen dürfte. Insgesamt ist die Spielewelt allerdings schön anzusehen und an vielen Ecken wie etwa der Animation von Wundern wurde einigermaßen gefeilt, was ebenso positiv auffällt. In diesem Zusammenhang ist es auch nicht unwichtig die Performance des Spiels zu erwähnen. Längere Partien waren bei vergangenen Ablegern oftmals eine ordentliche Herausforderung für die CPU – auch hier dürfte Firaxis Game nachgebessert haben. Bei unserem Test-System (AMD FX 8350, R9 270X und 16 GB RAM) waren die Ladezeiten selbst nach mehrstündigen Spielen noch absolut in Ordnung.

Schwierigkeitsgrad

Insgesamt hat das Spiel durch eine neue Fülle an erforschbaren Elementen und Richtungsentscheidungen ordentlich an Spieltiefe, aber auch an Schwierigkeit dazugewonnen. Serien-Neulinge dürfte dies etwas abschrecken, aber auch als erfahrener "Civilization"-Spieler benötigt es mehrere Einstiege, um sich komplett an die neuen Rahmenbedingungen zu gewöhnen. Besonders die kriegslustigen und unberechenbare Gegner und Bezirke benötigen eine gewisse Eingewöhnungsphase – danach lädt das Game aber gerade aufgrund genannter Spieltiefe zu endlosen Partien ein, die selbst nach mehreren Stunden kurzweilig sind und zum Weiterspielen animieren.

Launch-Trailer zum Spiel.
Sid Meier's Civilization

Fazit

"Civilization 6" vereint sämtliche positiven Aspekte vergangener Ableger und serviert als Sahnehäubchen einige zusagenden Änderungen, die das Strategiespiel gut abrunden. Größter Kritikpunkt sind die unberechenbaren Gegner, die das Gesamterlebnis insgesamt schmälern. Hier muss Firaxis Games auf jeden Fall noch nachbessern. Ansonsten gibt es bei dem Spiel nur das Balancing etwas zu bemängeln, das Game bietet dafür eine noch nie dagewesene Spieltiefe und dadurch noch mehr Abwechslung, wodurch für viele Spieler aus "noch einem Zug" wohl hunderte weitere werden. "Civilization 6" ist somit zum Start bereits der beste Ableger der Serie und wird durch die serientypisch vielen DLCs noch besser, ausgeklügelter und umfangreicher werden. (Daniel Koller, 30.10.2016)#

Civilization 6 ist am 21. Oktober für PC erschienen. UVP: 59,99 Euro