Die MAGIC-Teleskope auf der Kanareninsel La Palma gewährten einen seltenen Blick auf einen fernen Gammastrahlenausbruch.

Foto: Robert Wagner

München – Vor etwa 7 Milliarden Jahren ereignete sich eine gewaltige Explosion am supermassiven Schwarzen Loch im Zentrum einer weit entfernten Galaxie. Die Folge war ein intensiver Gammastrahlen-Ausbruch. Nun gelang es Astronomen dieses Licht einzufangen. Hilfreich war dabei eine näher gelegene Galaxie, die die Strahlung auf dem Weg zu Erde verstärkt und umgelenkt.

Bei dem Objekt QSO B0218+357 handelt es sich um einen Blazar, eine besondere Spezies eines Schwarzen Loches. Man geht heute davon aus, dass sich im Zentrum aller Galaxien ein superschweres Schwarzes Loch befindet. Schwarze Löcher, die gerade dabei ist, Materie zu verschlingen, stoßen extrem helle Jets aus. Weisen diese Ausbrüche in Blickrichtung der Erde, spricht man von einem Blazar.

Das jetzt im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" beschriebene Ereignis fand vor 7 Milliarden Jahren statt, als das Universum nicht einmal halb so alt war wie heute. "Entdeckt wurde der Blazar am 14. Juli 2014 zunächst vom Large Area Telescope (LAT) des Fermi-Satelliten", erläutert Razmik Mirzoyan, Wissenschafter am Max-Planck-Institut für Physik in München. "Sofort nahmen die auf der Erde stationierten Gammastrahlenteleskope den Blazar ins Visier, um mehr über das Objekt zu erfahren."

Eines dieser Observatorien war MAGIC (Major Atmospheric Gamma-Ray Imaging Cherenkov Telescopes) auf der Kanareninsel La Palma, das auf sehr energiereiche Gammastrahlen spezialisiert ist: Es kann Photonen einfangen, deren Energie 100 Milliarden mal größer ist die von der unserer Sonne ausgesandten und tausendfach größer als die von Fermi-LAT gemessenen. Allerdings hatten die MAGIC-Wissenschafter zunächst Pech: Wegen Vollmond konnte das Teleskop in der fraglichen Zeit nicht in Betrieb gehen.

Gravitationslinse enthüllt Ausbruch

Elf Tage später erhielt MAGIC jedoch eine zweite Chance. Denn die von QSO B0218+357 freigesetzten Gammastrahlen gelangten nicht nur auf direktem Weg zur Erde: Eine Milliarde Jahre nach ihrem Aufbruch erreichten sie die Galaxie B0218+357G. Dort kam Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie ins Spiel.

Sie besagt, dass eine große Masse im Universum, zum Beispiel eine Galaxie, Licht eines dahinter liegenden Objekt ablenkt. Außerdem wird das Licht wie in einer gigantischen optischen Linse gebündelt – einem entfernten Beobachter erscheint das Objekt viel heller, aber auch verzerrt. Außerdem passieren die Lichtstrahlen die Linse je nach Blickwinkel unterschiedlich schnell.

Diese Gravitationslinse war der Grund, das MAGIC QSO B0218+357 – und damit das weiteste Objekt im hochenergetischen Gammastrahlenspektrum – doch noch messen konnte. "Von Beobachtungen von Fermi und Radioteleskopen im Jahr 2012 wussten wir, dass die Photonen, die den längeren Weg nahmen, 11 Tage später ankommen würden", sagt Julian Sitarek von der Universität Łódz in Polen, der die Studie geleitet hat. "So konnten wir das erste Mal beobachten, dass hochenergetische Photonen von einer Gravitationslinse abgelenkt werden."

Wankende Theorien

Dass energiereiche Gammastrahlen eines entfernten Himmelskörpers die Erdatmosphäre erreichen, ist alles andere als selbstverständlich. Das Weltall ist angefüllt mit niedrig-Energie-Photonen, die von Galaxien und Sternen stammen. "Viele Gammastrahlen gehen verloren, wenn sie mit diesen Photonen wechselwirken", so Mirzoyan. "Mit der MAGIC-Beobachtung hat sich der Bereich des Universums, den wir mit Gammastrahlen erschließen können, verdoppelt."

Die Tatsache, dass das Licht zum berechneten Zeitpunkt auf der Erde ankam, könnte einige Theorien über die Struktur des Vakuums ins Wanken bringen – allerdings sind dafür weitere Untersuchungen erforderlich. "Derzeit verweist die Beobachtung auf neue Möglichkeiten für Hochenergie-Gammastrahlen-Observatorien – und setzt ein Ausrufezeichen für die nächste Generation von Teleskopen im CTA-Projekt", meint Mirzoyan. (red, 6.11.2016)