Autor Tomer Gardi liest kommende Woche viermal.

Foto: Arie Kishon

Salzburg – Tomer Gardi versteht es, aus der Not eine Tugend zu machen. Deutsch hat der 1974 im Kibbuz Dan geborene Israeli nie richtig gelernt, dennoch liest er demnächst in Österreich aus seinem zweiten Buch, das er in "seinem", ganz eigenen Deutsch verfasst hat: Broken German (Droschl, 2016) heißt es folgerichtig, denn der Autor hat sich die Sprache nur mündlich – vom Hören und Sagen sozusagen – "angeeignet".

Das deutsche Reinheitsgebot mag beim Bier Sinn machen, zumindest für Gardi aber sollte es nicht für Sprachen – zumal die deutsche – gelten. So ist der Roman ein Plädoyer für die Sprachenvielfalt in einer Sprache, für Regelverletzung und Grenzüberschreitung. Bei allen Fehlern, die der hebräische Muttersprachler macht, zeigt der Text ein großes Gespür für originelle Sprachspiele.

Der Protagonist und Erzähler in Broken German heißt Radili Anuan, mal ist er einer, der die Nacht zum Tag macht, dann wieder ein namenloser Schriftsteller. Radebrechend kommt der Autor zur Sache.

Koffer und Identitäten

Es geht um vertauschte Koffer und vertauschte Identitäten zwischen Mann und Frau, Juden, Deutschen und Arabern, Einheimischen und Fremden, zwischen den Sprachen sowieso, aber im Grunde immer auch über deutsch-israelische Geschichte und Gegenwart. Anfangs wird Radili von rechten Skinheads gejagt, später kehrt er nach Berlin zurück, wo Freunde aus der linksradikalen WG einen Antifa-Film machen, dessen Star er unfreiwillig wird. Eine andere Szene spielt im Jüdischen Museum, in das er sich nachts aus Recherchegründen einschließen lassen will.

Geschichte, G‘schichteln

Mit seiner Mutter redet er über Erinnerungen an ein von den Deutschen besetztes Dorf in Rumänien, er rekapituliert einen Schulausflug zu archäologischen Grabungen im Norden von Israel, und immer wieder landet der Leser in der "Bar zum Roten Faden" oder anderen Lokalen und Callshops, in denen sich Radili und seine Freunde Amadou, Fikert, Anuan, Abayomi und Jamal gern aufhalten.

Im wirklichen Leben setzt sich Tomer Gardi – unter anderem als Ex-Herausgeber der Zeitschrift Sedek: A Journal On The Ongoing Nakba – für die israelisch-jüdische Initiative Zochrot ein, die an die Vertreibung der Palästinenser erinnern will. Mit der Reinheit hat es Gardi eben in keiner Hinsicht. (Gerhard Dorfi, 19.11.2016)