Görlitz/Wien – Bärtierchen sind exotische Lebewesen und leben doch in unserer unmittelbaren Umgebung: Man findet sie in Moosen, Teichen und Dachrinnen. Dennoch hat kaum jemand von uns je eines gesehen, denn dazu braucht es ein Mikroskop: Bärtierchen oder Tardigraden sind kaum einen Millimeter groß und ähneln – auch aufgrund ihrer tapsigen Fortbewegung – Bären im Miniaturformat. Daher auch ihr Name.

Der Wissenschaft geben die achtbeinigen Lebewesen, die einen Tierstamm innerhalb der sogenannten Häutungstiere bilden, einige Rätsel auf: Das hängt vor allem damit zusammen, dass Bärtierchen echte Überlebenskünstler sind, die extreme Trockenheit, Hitze (120 Grad Celsius) und große Kälte, aber auch radioaktive Strahlung problemlos überstehen können. Warum sie dazu in der Lage sind, ist längst noch nicht restlos geklärt.

Rätselhaftes Sexualleben

Rätselhaft war bis vor kurzem aber auch das Sexualleben der Tiere. Man wusste zwar, dass etliche der rund 1.000 bekannten Bärtierchenarten Zwitter sind. Doch eine Kopulation der Tiere war noch nie beobachtet und gefilmt worden. Genau das ist kürzlich Forschern um Jana Bingemer vom Senckenberg Museum in Görlitz gelungen.

Wie die Biologen im Fachblatt "Zoological Journal of the Linnean Society" berichten, ist das Sexualverhalten jedenfalls bei der Bärtierchenart Isohypsibius dastychi deutlich komplexer als angenommen. Eine Kurzfassung beginnt mit einer Häutung eines weiblichen Tiers, das dann seine Eier in die abgelegte Hülle ablegt.

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Dann nähert sich das Männchen tapsig und langsam an, bringt sich in eine vorteilhafte Lage, damit sich die Tierchen gegenseitig stimulieren können. Als Ergebnis stößt das Männchen seinen Samen über der abgelegten Haut ab, der dann irgendwie (wie genau ist noch unklar) zu den Eiern gelangt. Die Befruchtung findet also außerhalb des Körpers statt.

Die Rolle der Umgebungstemperatur

Gelingt die Befruchtung nicht, nehmen die Weibchen die Eier wieder in sich auf. Gelingt sie, folgen drei Entwicklungsphasen, bis die neuen Bärtierchen erwachsen sind. Die Dauer dieser Entwicklung hängt wesentlich von der Umgebungstemperatur ab: Bei 12 Grad Celsius dauert das Erwachsenwerden wesentlich länger als bei 20 Grad. Die kühleren Bärtierchen werden dafür deutlich größer. (tasch, 7.12.2016)