Stotzing – Klack, klack. Mit dem kleinen Hebel neben dem großen für die Gangwahl bürstet Gabriele ihren Cherokee auf böse. Sie hat die Untersetzung und den Allradantrieb aktiviert. Der alte Herr aus Übersee feiert im März seinen 23. Geburtstag, ist dort und da schon von seinen Erlebnissen gezeichnet, und auch die Reifen haben ihre beste Zeit schon lange hinter sich, sind hart wie Holz. Trotzdem sieht Gabriele dem nun folgenden Vergleich gelassen entgegen. Wenn sie etwas aufregt, dann nur, wenn einer es wagt und SUV zu ihrem Cherokee sagt.
Im Fahrzeug daneben hört man kein Klacken, kein Schnappen, wenn man das Drehrad in der Mittelkonsole auf "Sand/Mud" stellt. Dieser Cherokee ist nagelneu, erinnert mit seiner dunkelgrünen Farbe an den 75. Geburtstag der Marke Jeep, mag es sonst aber modern und verwendet statt knorriger Mechanik lieber feine Elektronik, um die Hänge und Durchfahrten im Offroad-Zentrum des ÖAMTC in Stotzing zu meistern. Nur als Trailhawk hätte er eine Untersetzung.
Antriebsvergleich
Der Alte ist ein Vier-Zylinder-Benziner mit 105 PS und einer manuellen Fünf-Gang-Schaltung, der Neue ist ein Vier-Zylinder-Diesel mit 200 PS und einer Neun-Gang-Automatik von ZF.
Im ersten Anlauf zeigen beide Autos keine Schwächen. Trotz des Schlamms in der Auffahrt kämpfen sich beide Cherokees ohne Probleme nach oben. Und wenn wir Auffahrt sagen, dann meinen wir keinen Hügel, den man auch mit einem gut bedienten Fiesta erklimmen könnte und an dessen Ende der Wagen immer noch den Auspuff und alle Achsen dort hätte, wo sie hingehören.
Gabriele, die in ihrem XJ lediglich den zweiten Gang eingelegt hat, langsam von der Kupplung geht und wartet, bis sie oben ist, zeigt sich überrascht vom Können des KL. Es ist schon erstaunlich, was er allein mit der Hilfe der Elektronik alles schafft.
Im Grunde könnten die beiden Fahrzeuge fürs Fahren im Gelände kaum unterschiedlicher sein. Während der XJ ein Geländewagen im in die Tage gekommenen SUV-Design ist, ist der KL ein SUV im Geländewagen-Look. Leiterrahmen versus Spoiler halt.
Dieselblubbern
Und das weit runtergezogene Plastik des neuen Cherokee rächt sich auch gleich bei der nächsten Abfahrt. Einmal sitzt er mit der Front auf, einmal kratzt er an der Geländekante mit dem Unterfahrschutz, das andere Mal blubbert es im Schlamm aus den Endrohren.
Der XJ hat mehr Bodenfreiheit, größere Böschungs- und Rampenwinkel. Damit ist für den neuen Cherokee im Gelände schon manchmal Schluss, bevor er wegen der mangelnden Untersetzung an seine Grenzen kommt.
Multitalent Cherokee
Was das Design angeht, schenken sich beide Fahrzeuge nichts. Die einen lieben die harten Kanten und das Schnörkellose des XJ, die anderen, wie etwa Fotograf Wolf-Dieter Grabner, können auch dem mutigen, extravaganten Design des KL viel abgewinnen.
So weit, so gut, könnte man sagen, jetzt haben wir mit dem alten Cherokee den neuen alt aussehen lassen. Passt, packen wir zusammen und fahren heim. Aber so einfach geht das nicht. Denn wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir gestehen, dass sich wohl die wenigsten Leute einen Cherokee zulegen, weil sie geländefahren wollen. Die meisten bewegen dieses Fahrzeug ausschließlich auf der Straße. Und da hat jetzt der KL nicht etwa so die Nase vorn wie der XJ im Gelände. Nein, auf der Straße, da liegen wirklich Welten zwischen diesen Autos.
Geschwindigkeitsverbrauch
14,5 Liter Super gibt der Normverbrauch des XJ für die Stadt an, 13,8 Liter bei konstant 120 km/h. "So schnell", sagt Gabriele, "bin ich mit dem Auto noch gar nie gefahren." Das macht mit dem alten Auto auch gar keinen Spaß, weil er auf der Straße fährt wie der KL mit einem Patschen und laut ist wie der KL ohne Dach.
Der neue Cherokee hingegen begnügt sich auch noch bei führerscheingefährlichem Autobahntempo mit acht Litern, geht mit seinen 200 PS nicht wie eine angebundene Kuh und ist, was die Agilität im Grenzbereich angeht, eine Klasse für sich, wie sich kurz darauf bei einem zufälligen Vergleich mit einem neuen Q3 zeigt. (Guido Gluschitsch, 15.11.2016)
Nachlese:
Offroadfahren: Das dreckige Abenteuer direkt vor der Haustür
Jeep-Konzepte: Sieben auf einen Streich