Diese Darstellung zeigt einen in Auflösung begriffenen Stern in der Nähe des schnell rotierenden supermassereichen Schwarzen Lochs. Seine große Masse beugt das Licht von dahinterliegenden Sternen und Gas.

Illustr.: ESO, ESA/Hubble, M. Kornmesser

Garching – Im vergangenen Jahr erstrahlte im südlichen Sternbild Indianer ein Lichtpunkt, der Astronomen in große Aufregung versetzte: Das im Rahmen des All Sky Automated Survey for SuperNovae (ASAS-SN) beobachtete Ereignis mit der Bezeichnung ASASSN-15lh wurde in einer fernen Galaxie verortet und als die mit Abstand größte je beobachtete Supernova identifiziert. Die sogenannte Hypernova war doppelt so hell wie der bisherige Rekordhalter und zum hellsten Zeitpunkt mehr als 20 Mal heller als die gesamte von der Milchstraße abgegebene Lichtmenge.

Doch nun lassen neue Beobachtungen erhebliche Zweifel über die Natur des Phänomens aufkommen. Eine Gruppe von Astronomen, darunter auch Wissenschafter vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching vermutet, dass die Ursache für ASASSN-15lh ein noch extremeres und sehr seltenes Ereignis gewesen sein könnte: Ein schnell rotierendes Schwarzes Loch, das einen ihm zu nahe gekommenen Stern zerrissen hat.

Das internationale Team unter der Leitung von Giorgos Leloudas vom Weizmann Institute of Science in Israel und dem Dark Cosmology Centre in Dänemark hat die rund vier Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxie noch einmal genauer unter die Lupe genommen. Die gewonnen Daten zeigten insbesondere, dass das Ereignis während der 10-monatigen Folgebeobachtungen drei verschiedene Phasen durchlief. Dies würde nicht zu einer leuchtkräftigen Supernova passen, so die Forscher. Darüber hinaus ist der Ort des Geschehens – eine rote, massereiche und wenig aktive Galaxie – nicht die typische Heimat für eine sehr leuchtkräftige Supernova-Explosion, die normalerweise in blauen Zwerggalaxien mit Sternentstehung vorkommt.

Spaghettifizierter Stern

Die Astronomen schließen daher aus den Messwerten, dass die extremen Gravitationskräfte eines supermassereichen Schwarzen Lochs, das sich in der Mitte der Galaxie befindet, einen sonnenähnlichen Stern zerrissen hat, der ihm zu nahe gekommen ist – ein Ereignis, das im Englischen als Tidal Disruption Event bezeichnet wird und das bisher erst zehn Mal beobachtet werden konnte. In diesem Prozess wurde der Stern gleichsam "spaghettifiziert". Stöße in den kollidierenden Trümmern sowie durch Akkretion erzeugte Wärme führten schließlich zu dem festgestellten Helligkeitsausbruch. Dadurch erschien das Ereignis wie eine sehr helle Supernova-Explosion, obwohl die Masse des Sterns für eine Supernova nicht ausgereicht hätte.

Doch so ganz passt auch diese Erklärung nicht, weshalb die Forscher einen weiteren Faktor ins Spiel brachten: "Das von uns vorgeschlagene Gezeiten-Sternzerissereignis kann nicht mit einem nicht-rotierenden supermassereichen Schwarzen Loch erklärt werden. Wir sind daher der Ansicht, dass ASASSN-15lh aus einem ganz bestimmten Schwarzen Loch entstand", meint Nicholas Stone von der Columbia University in den USA, Koautor der im Fachjournal "Nature Astronomy" veröffentlichten Studie.

Schnell rotierendes Schwerkraftmonster

Die Masse der Muttergalaxie setzt voraus, dass das sehr massereiche Schwarze Loch in ihrer Mitte eine Masse von mindestens 100 Millionen Sonnenmassen hat. Ein Schwarzes Loch dieser Masse wäre normalerweise nicht in der Lage, Sterne außerhalb seines Ereignishorizontes – die Grenze, innerhalb der nichts mehr der Gravitationskraft entkommen kann – zu zerreißen. Wenn es sich jedoch um ein Schwarzes Loch handelt, dass sich schnell dreht – ein sogenanntes Kerr-Loch – ändert sich die Situation und diese Grenze gilt nicht mehr.

Eine gewisse Restunsicherheit bleibt allerdings auch damit: "Selbst mit allen gesammelten Daten können wir nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass das ASASSN-15lh Ereignis ein Gezeiten-Sternzerissereignis war", fasst Leloudas zusammen. "Aber es ist mit Abstand die wahrscheinlichste Erklärung." (red, 17.12.2016)