Bereits seit 1933 lebt die Kammerschauspielerin Elfriede Ott in ihrer Wiener Innenstadtwohnung – heute mit drei Hunden, zwei Katzen und einer Freundin. Die Quirligkeit rundherum, sagt sie, hält sie am Leben

"Das Wichtigste gleich zu Beginn: Ich habe drei Hunde und zwei Katzen. Die Hunde heißen Anni, Betty und Pipsi. Pipsi ist ein kleiner Chihuahua und mein ewiges Anhängsel. Ohne Pipsi geht gar nichts. Und die Katzen heißen Lutzi und Axel, denn Axel ist auch schon mal fast an der Himmelstür gestanden. Die Tiere kommen von der Straße und aus diversen Tötungsstationen. Mich macht es glücklich, diese Geschöpfe vor dem Grauen gerettet zu haben. Manchmal komme ich mir vor, als würde ich einen Tierschutzverein leiten.

"Ich habe Freunde, bei denen ist nichts zu viel. Bei mir ist alles zu viel." Elfriede Ott in ihrem Mal- und Wohnzimmer mit Blick auf die Hofburg.
Foto: lisi specht

Seit vielen Jahren habe ich auch eine weitere, sehr wichtige Begleiterin und Behüterin, und zwar meine Fritzi Gubik. Seit 60 Jahren schon wohnen wir zusammen und meistern das Leben zu zweit. Allerdings bewohne ich die Wohnung schon seit 1933, also seit meinem achten Lebensjahr. Ich habe hier meine Kindheit und Jugend verbracht. Da, wo ich jetzt sitze und regelmäßig male, war früher mein Kinderzimmer – mit direktem Blick auf die Hofburg. Kann man sich etwas Schöneres vorstellen? Eine Zeit lang war ich mondsüchtig und bin regelmäßig am Fenster gestanden, um die Kugel am Himmel zu bewundern.

"Es gibt viel Raum, aber keinen Platz", sagt die Kammerschauspielerin über ihre Wohnung.
Foto: lisi specht

Die Wohnung hat 175 Quadratmeter und ist ziemlich eigenartig geschnitten. Es gibt einen Laubengang, vier große Zimmer und eine winzige Küche. Mit einem Wort: Es gibt viel Raum, aber keinen Platz. Ich weiß nicht, wo ich meine Sachen unterbringen soll. Das Haus stammt aus dem Jahr 1720. Und das merkt man auch. Überall sind dicke, tragende Mauern, es gibt sehr schöne Fenster mit tiefen Laibungen und schönen Stuck an der Decke.

Früher war die Wohnung sehr konventionell eingerichtet. Als Kind ist man ja genügsam, aber ich kann mich erinnern, dass ich den Biedermeier um mich herum schon als Mädchen nur schwer ertragen habe. Später hat sich die Einrichtung immer wieder verändert. Wir haben Kästen rausgeschmissen und neue Stücke dazugekauft. Heute würde ich sagen, dass ich in einem absoluten Durcheinander wohne. Ohne einen wirklich erkennbaren Stil. Ich bin stillos. Ich habe Freunde, die wohnen sehr modern, da ist nichts zu viel. Bei mir ist alles zu viel.

Drei Hunde und zwei Katzen wohnen bei Elfriede Ott, manchmal komme sie sich vor, als würde sie einen Tierschutzverein leiten.
Foto: lisi specht

Im Zweiten Weltkrieg haben wir einen Teil der Wohnung an Menschen vermietet, die bleiben wollten, aber nicht bleiben durften. Heute würde man Flüchtlinge dazu sagen. Später dann hat in einem der Zimmer mein Mann Ernst Waldbrunn gewohnt. Ich habe zwar auch ein Haus in Maria Enzersdorf, in dem ich früher mit meinem zweiten Mann Hans Weigel gewohnt habe. Heute verbringe ich dort mit Fritzi den Sommer, weil es einfach wahnsinnig schön ist, aber auf meine Wohnung in der Wiener Innenstadt könnte ich niemals verzichten.

Ich bin ja so eine Wienerin! Dieses Stück Stadt hält mich am Leben. Überall sind Menschen, Menschen, Menschen! Ein besonderer Moment war, als 1989 Zita gestorben ist. Aus dem Fenster habe ich den Trauermarsch beobachtet. Das war, als würde ein riesiger schwarzer Wurm durch die Innenstadt kriechen. Dieses Bild war gewaltig. Das werde ich nie vergessen.

Ihre vielen Interessen stellen Elfriede Ott schon länger vor die Frage: Wo soll ich meine Sachen unterbringen?
Foto: lisi specht

Alle meine guten Freunde sind gegangen: Maxi Böhm, Alfred Böhm, Ernst Waldbrunn, Fritz Muliar, alle tot. Bloß ich bin noch da. Ich möchte schon noch bleiben. Es interessiert mich einfach, was morgen werden wird. Ich habe so viele Programme. Ich würde gerne Lesungen machen. Und ich bin neugierig auf die Zukunft. Auf meine kurze Zukunft, die mir noch geblieben ist. Und wenn es nur ist, um mental dazu beizutragen, dass Frieden bleibt und die grauenvollen FPÖ-Menschen nicht noch mehr werden." (6.1.2017)