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Russisches Militär Anfang Jänner in Aleppo.

Foto: AP / Russian Defense Ministry

Damaskus/Moskau – Russland hat sein Ziel erreicht, den Sturz des Assad-Regimes zu verhindern: Aber nun stehen die Russen vor der verzwickten Aufgabe, eine Formel zu finden, die ihnen erlaubt, ihr kostspieliges Engagement im syrischen Sumpf herunterzufahren und gleichzeitig Pflöcke für die Wahrung ihrer Interessen einzuschlagen.

Am Mittwoch wurde der russisch-syrische Deal unterzeichnet, der Moskau die russische Mittelmeer-Marinebasis in Tartus für die nächsten 49 Jahre – verlängerbar um weitere 25 – garantiert. Bis zu elf Kriegsschiffe, inklusive atombetriebener, dürfen den Hafen gleichzeitig nützen, das bedeutet einen gewaltigen Ausbau der Basis.

Streben nach Kontrolle

Russland wird jedoch wenig von seinem Einfluss in Syrien haben, wenn es nicht gelingt, das militärische Chaos, das trotz des Siegs über die Rebellen in Aleppo noch immer herrscht, unter Kontrolle zu bringen. Die syrische Armee, die etwa ein Drittel ihrer Personalstärke eingebüßt hat – durch Desertion, Tod und das Ausbleiben von Rekruten – bleibt weiter schwach. Ohne ihre ausländischen Hilfstruppen (iranische und vom Iran kontrollierte Milizen, inklusive libanesische Hisbollah) sowie die syrischen Pro-Regimemilizen vermag sie wenig.

Das hat zum Beispiel Palmyra gezeigt, das im Dezember, nach neunmonatiger Kontrolle durch das Regime, wieder an den "Islamischen Staat" verloren wurde: auch für Moskau frustrierend.

Wildwuchs der syrischen Milizen

Laut Militärexperten droht sich der Wildwuchs der syrischen Milizen früher oder später in Warlordismus zu wandeln. Manche dieser Milizen werden von reichen Geschäftsleuten finanziert, unter anderem von Bashar al-Assads berühmt-berüchtigtem Cousin Rami Makhlouf, der zu Beginn des Aufstands verhasster war als der Präsident selbst. Was stets über die syrischen Rebellen gesagt wurde – dass sie nicht auf einen Nenner zu bringen sind -, gilt auch für Assads "Auxiliartruppen".

Bereits im Herbst 2015, nach dem russischen Kriegseintritt, wurde das 4. Korps der syrischen Armee gegründet, das die Hilfstruppen sammeln und so unter eine einzige Kontrolle bringen sollte. Das ist offenbar gescheitert. Nun versucht es Russland – obwohl die Initiative unter dem Namen des syrischen Regimes läuft, gibt es wenig Zweifel, von wem sie stammt – sozusagen mit einem Konkurrenzunternehmen.

5. Korps

Im November wurde das 5. Korps gegründet: Per Flugblätter, Massen-SMS, sogar Predigten wird rekrutiert. Solide Entsoldung und langfristige Perspektiven sollen das Korps für Milizionäre interessant machen. Explizit angesprochen werden auch Armeedeserteure: eine Chance, nach dem Scheitern des Aufstands wieder die Seite zu wechseln. Staatsbedienstete behalten neben dem Sold Teile ihrer Gehälter und Vergünstigungen.

Von Beobachtern hört man, dass der Zulauf bisher gering ist, andererseits heißt es, das 5. Korps sei bereits im Osten von Homs im Einsatz, mit ersten Todesopfern. Kämpfen soll das 5. Korps vor allem gegen den IS. Russland wird, auch wenn "Syrische Arabische Armee" darübersteht, das 5. Korps finanzieren, ausbilden, ausrüsten und befehlen: vielleicht einmal auch gegen ehemalige Verbündete – iranische Milizen -, wenn sie sich der von Russland vorgesehenen Ordnung nicht beugen. (Gudrun Harrer, 23.1.2017)