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Scott Kelly (links) hat gerade 340 Tage im All verbracht, während sein Zwillingsbruder Mark, ebenfalls Astronaut, auf der Erde blieb. Das hatte Auswirkungen auf die jeweiligen Aktivierungen ihrer Gene.

Pat Sullivan, AP

Galveston/Wien – John Glenn war nicht nur der erste US-Amerikaner, der um die Erde kreiste. Er war bis zu seinem Tod am 8. Dezember des Vorjahrs mit 95 Jahren auch der mit Abstand älteste Astronaut der Welt. Etliche seiner Kollegen – und vor allem jene, die zum Mond flogen – sind früher gestorben: Der Apollo-Astronaut Ronald Evans starb mit 56 Jahren an einem Herzinfarkt, sein Kollege James Irwin war 61 Jahre alt, als sein Herz versagte. Der erste Mann auf dem Mond, Neil Armstrong, starb mit 82 Jahren an den Folgen einer Bypass-Operation.

Das sind natürlich viel zu wenige Fälle, um die Auswirkungen eines Aufenthalts im All auf den menschlichen Körper halbwegs seriös einschätzen zu können. Viel mehr Astronauten werden es aber auch in Zukunft nicht sein, weshalb die Nasa einen anderen Weg ging, um Fakten zu sammeln: Sie führte mit den Astronauten Scott und Mark Kelly ein aufwendiges und einzigartiges Experiment durch, dessen erste Ergebnisse nun präsentiert wurden.

520 Tage versus 54 Tage

Scott Kelly verbrachte von März 2015 bis März 2016 340 Tage nonstop im Weltraum, in seiner gesamten Karriere kam er damit auf 520 Tage Aufenthalt im All. Sein eineiiger Zwillingsbruder Mark Kelly war zwischen 2001 und 2011 an vier Missionen beteiligt und genoss insgesamt 54 Tagen in der Schwerelosigkeit.

Vor, während und nach Scott Kellys letztem Aufenthalt im All gaben die beiden Männer mit den identischen Genomen Blut- und Stuhlproben ab, um analysieren zu können, wie sich aufgrund der unterschiedlich langen Dauer im All bestimmte biologische Marker der beiden verändert haben – von den Längen der Chromosomen über die sogenannte DNA-Methylierung bis zu den Mikrobiomen in ihren Eingeweiden.

"Fast überall Unterschiede"

"Wir sehen fast überall Unterschiede", sagte Christopher Mason vom Weill Cornell Medical College in New York City. Der Genetiker hat am Donnerstag mit weiteren Kollegen die ersten vorläufigen Ergebnisse der Vergleiche in Galveston, Texas, präsentiert, wie das Fachblatt "Nature" berichtet. Vor allem veränderte sich bei Scott Kelly die Gen-Expression, die das Ein- und Abschalten der Gene regelt. Das ist vermutlich eine Folge der stressigen Umweltbedingungen im All, wozu der Schlafmangel ebenso gehört wie die spezielle Nahrung.

Was das alles konkret bedeutet, wird weiter untersucht: "Die Daten sind so frisch, dass einige von ihnen immer noch aus den Sequenzierern kommen", sagte Mason. Einige dieser Daten der Zwillinge werden freilich womöglich nie veröffentlicht, weil sie zu privat sein könnten. (tasch, 27.1.2017)