Zürich/Pasadena – Wissenschafter der ETH Zürich und des California Institute of Technology (Caltech) haben einen Temperatursensor entwickelt, der für künstliche Haut an Prothesen und Roboterarmen geeignet sein könnte. Ein Bestandteil des Sensors ist als Geliermittel für Puddings und Konfitüren bekannt: Pektin.

Der neue Temperatursensor ist hauchdünn und stark verformbar, was ihn für den Einsatz in künstlicher Haut interessant mache, teilte die ETH Zürich mit. Damit ließen sich Temperaturen von zehn bis 50 Grad Celsius mit einer Genauigkeit von einem Hundertstel Grad messen. Das mache den Sensor gar doppelt so empfindlich wie die menschliche Haut, heißt es in der Studie, die demnächst in "Science Robotics" erscheint.

Nützliche Kalziumionen

Das Kernstück des Sensors beruht auf einer früheren Entdeckung des Forscherteams um Raffaele Di Giacomo und Chiara Daraio: Sie hatten herausgefunden, dass Äste von Bäumen je nach Temperatur unterschiedlich gut Strom leiten. Grund dafür ist Pektin, ein pflanzlicher Stoff aus langen Zuckerketten, der in Zellwänden vorkommt. In der Lebensmittelindustrie werden Pektine unter anderem als Geliermittel verwendet.

Den Mechanismus dahinter erforschten Di Giacomo und Kollegen mit Hilfe eines neuartigen Verbundstoffes aus Pektin und Kohlenstoff-Nanoröhrchen – einer Art "Cyber-Holz". Dessen elektrische Leitfähigkeit hing eng mit der Temperatur zusammen, wie es in der Mitteilung heißt.

Wie sich herausstellte, beruhte das Phänomen auf Kalziumionen, die an den Kontaktstellen der Zuckermoleküle im Pektin festsaßen. Mit steigenden Temperaturen befanden sich mehr freie Kalziumionen im Material, das dadurch besser leitfähig wurde.

"Damit hatten wir zwar ein ideales Material für einen hochempfindlichen Temperatursensor gefunden, doch es war starr wie Holz und damit zum Einsatz in einer künstlichen Haut denkbar ungeeignet", so Di Giacomo.

Leitfähiges Gelee

Daher entwickelte er mit Kollegen einen nur 0,1 Millimeter dicken Film aus mit Kalziumlösung versetztem Pektin-Gelee. Beim Test der Leitfähigkeit stellte sich heraus: Je wärmer der Pektin-Film war, desto besser leitete er Strom. Zudem funktioniere dieser Sensor auch bei starkem Verbiegen und sei robuster als herkömmliche flexible Temperatursensoren.

Ähnlich wie menschliche Haut erlaubt der Film auch, einen Wärme- oder Kältereiz räumlich zu orten. Dies zeigten die Wissenschafter in einem Test, bei dem sie an den Rändern eines Pektin-Films mehrere Elektroden anbrachten. Berührten sie den Film an einer bestimmten Stelle mit dem Finger, konnten sie den Ort der Berührung anhand der Veränderungen der Signale an den Elektroden recht genau bestimmen.

Im nächsten Schritt soll nun die räumliche Auflösung weiter optimiert werden. Dann könnte der Sensor bereit für einen Praxistest in künstlicher Haut für die Robotik oder Prothetik sein, hoffen die Forscher. (APA, 4.2.2017)