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Der 49-jährige Neil Gorsuch wurde von Donald Trump als Richter für den Supreme Court nominiert.

Foto: AP Photo/Carolyn Kaster

Als Neil Gorsuch mit knapp 30 bei einer Anwaltskanzlei zu arbeiten begann, färbten sich seine Haare bereits grau. Mit dem silbernen Schopf sei er offenbar zur Welt gekommen, ebenso wie mit der Gabe, jederzeit aus dem Zitatenschatz Winston Churchills zitieren zu können, hat neulich ein Ex-Kollege gewitzelt.

Dabei ist der Mann aus Colorado der jüngste Jurist seit 25 Jahren, den ein US-Präsident für einen Sitz am Obersten Gerichtshof nominiert. Falls er das Bestätigungsverfahren im Senat übersteht, wird er mit seinen 49 Jahren der Junior in einem illustren Kreis sein, dessen Mitglieder das Pensionsalter zumeist längst erreicht haben.

Zudem ist er eine typische Figur jenes Establishments, gegen das Donald Trump im Wahlkampf so lautstark gewettert hat. Geboren in Denver, verbrachte Gorsuch bereits seine Teenagerjahre in Washington, wo seine Mutter im Kabinett Ronald Reagans die Umweltbehörde leitete. Später studierte er an den Eliteuniversitäten Columbia und Harvard, ehe er im nicht weniger prestigeträchtigen Oxford seinen Doktortitel erwarb. Zehn Jahre war er für eine hochkarätige Kanzlei in der US-Hauptstadt tätig, bevor ihn Präsident George W. Bush zum Richter an einem Berufungsgericht in Colorado beförderte. Biografien von Außenseitern, wie sie bei Trump sonst hoch im Kurs stehen, dürften anders aussehen.

Wie Antonin Scalia, der verstorbene Höchstrichter, dessen Platz er einnehmen soll, hat sich der Vater zweier Töchter den Ruf erworben, die Verfassung buchstabengetreu auszulegen. Die Auffassung progressiverer Juristen, nach der man Paragrafen aus dem 18. Jahrhundert im Kontext der heutigen gesellschaftlichen Realität betrachten müsse, statt sich an jedes Wort zu klammern, teilt er nicht. Doch während Scalia seine konservativen Ansichten häufig mit blumiger Rhetorik begründete, entrüstet von juristischem Apfelmus sprach und der Regierung Obamas zaristische Arroganz vorwarf, bevorzugt Gorsuch das rhetorische Florett. Verbindlicher im Ton, ähnlich hart in der Sache.

Als er zu entscheiden hatte, ob ein Arbeitgeber seinen Beschäftigten Krankenversicherungen auch dann anbieten muss, wenn diese empfängnisverhütende Mittel abdecken, stellte er sich auf die Seite der religiös motivierten Kläger: Ein Arbeitgeber, urteilte er, habe das Recht auf Religionsfreiheit, niemand dürfe ihn zwingen, etwas zu tun, was dem widerspreche. (Frank Herrmann, 9.2.2017)