Enthält sich bei neuem Funkhaus-Antrag: ORF-Stiftungsrat Norbert Kettner.

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Wien – Einer wird am Donnerstag fehlen, wenn der Stiftungsrat des ORF die nächste große Umplanung im verunglückten, 303 Millionen schweren Bauprojekt Küniglberg abnicken soll: Norbert Kettner, Direktor des Wien-Tourismus, entsandt von der Stadt Wien und den Sozialdemokraten zugerechnet. Kettner ist verhindert. Und er sieht die Großbaustelle an einem Punkt, an dem er das Projekt nicht mehr mittragen kann.

Fehlentscheidung

Sanierung und Zubau des bröckelnden Roland-Rainer-Kolosses auf dem Küniglberg war für Kettner schon beim Beschluss im März 2014 "eine kolossale Fehlentscheidung". Häuselbauerlogik verweise auf unwägbare Sanierungskosten gegenüber einfacher kalkulierbarem Neubau. Und, so Kettner im Gespräch mit dem STANDARD: "Man baut für einen neuen Spirit, für eine neue Unternehmenskultur." Die Stadt Wien und die Wien Holding wiederum wünschten sich den ORF in ihr Projekt "Mediaquarter Marx".

Der damalige Kanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann stand dem Neubau reserviert gegenüber. Die ÖVP in Stadt und Bezirk offen ablehnend. Richard Grasl, bis 2016 Finanzdirektor des ORF, drängte auf den dann einzigen Wiener Standort Küniglberg, der auch ORF-Radios und Onlineredaktion beherbergen sollte.

"Der Neubau wurde aus politischer Opportunität abgewürgt", sagt Kettner. "Das rächt sich nun." Die "kolossalen Fehlentscheidung" sieht er bestätigt. Der erste große Bauteil des ORF-Zentrums steht nach der Sanierung, bei der nicht immer klar war, wer was beauftragt hat, merklich teurer und schöner als neu da. Management, kaufmännisches Personal und Verwaltung besiedeln ihn in den nächsten Wochen wieder.

"So kein Radiobetrieb"

Der für das ORF-Produkt – das Programm, die Inhalte – geplante Zubau schrumpft: wegen der höheren Sanierungskosten; weil Anrainerproteste die Widmung womöglich um Jahre verzögern; und weil der ORF deshalb das Funkhaus nicht wie geplant 2016 verkaufen konnte – solange er nicht weiß, wann Ö1, FM4 und Radionachrichten auf dem Küniglberg einziehen können. Ohne Verkauf fehlen dem ORF 30 Millionen Euro im Jahresabschluss 2016. Nun soll der Stiftungsrat einem Verkauf des Funkhauses in Tranchen zustimmen. Kettner: "Zizerlweiser Verkauf und Rückmietungen, keiner weiß mehr, welches Stockwerk wem gehört: So kann man keinen Radiobetrieb aufrechterhalten."

"Ich hoffe, der Generaldirektor löst diese immer seltsameren Asynchronitäten. Bei mir reicht es nur noch für eine Enthaltung", sagt Kettner. (fid, 2.3.2017)