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Von wegen Blauer Planet: So könnte die Erde vor 700 Millionen Jahren ausgesehen haben, hätte sie jemand vom All aus betrachtet.

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Cambridge/Wien – Das Leben auf der Erde hat im Laufe der Zeit schon so manch katastrophale Veränderung der Umweltbedingungen mitgemacht. Ein Zeitalter, das nach heutigem Wissensstand vor etwa 717 Millionen Jahren begann und die Erde mehr als 80 Millionen Jahre lang beherrschte, ließ unsere Welt buchstäblich einfrieren: das Cryogenium.

In diese Periode fallen die beiden größten bekannten Eiszeiten der Erdgeschichte, die Sturtische und Marinoische Eiszeit. Dabei kühlte sich die Erde so stark ab, dass selbst in tropischen Regionen Schnee fiel, Gletscher wuchsen und die Vereisungen ein globales Ausmaß erreichten. Ob die Erde von den Polen bis zum Äquator komplett vereiste oder ein Meeresgürtel eisfrei blieb, ist umstritten.

Mögliche Ursachen

Vollständig oder "nur" großteils zugefroren – von außen betrachtet hätte der Blaue Planet in jedem Fall ziemlich weiß ausgesehen, weshalb sich der Begriff "Schneeball Erde" für diese Periode etablierte. Doch was diese Phase auslöste, ist bis heute ein Rätsel.

Welche Rolle spielte das Auseinanderbrechen des Superkontinents Rodinia, das in diesen Zeitraum fällt? Und könnte die Ausbreitung von Algen einen solchen Einfluss auf die Wolkenbildung gehabt haben, dass sie zum Klimawandel beitrug?

Folgenreiche Eruptionen

Forscher um Francis Macdonald (Harvard University in Cambridge) präsentieren nun in den Geophysical Research Letters eine weitere mögliche Ursache: Vulkanismus. Konkret: lang anhaltende Eruptionen in einem riesigen Vulkangebiet, das sich heute im Norden Kanadas, in Alaska und Grönland befindet. Große Mengen dabei entstandener Schwefelaerosole könnten die dramatische Abkühlung ausgelöst haben.

Die Sedimente der sogenannten Franklin Large Igneous Province, die sich über eine Fläche von 1,1 Millionen Quadratkilometern erstreckt, zeugen von gewaltigen Vulkanausbrüchen, die zeitlich genau mit dem Cryogenium zusammenfallen. "Wir wissen, dass vulkanische Aktivität einen großen Einfluss auf die Umwelt haben kann – die Frage war also, wie diese beiden Ereignisse zusammenhängen", sagt Macdonald.

Das Phänomen vulkanischer Winter kennt man schon lang: Aus Asche und Schwefeldioxid, die bei großen Eruptionen bis in die Stratosphäre gelangen, bilden sich Aerosole. Diese können sich wie ein Schleier um den Planeten verteilen und die Sonneneinstrahlung vermindern, wodurch es zur Abkühlung auf der Erde kommt.

Fatales Zusammenspiel

Längst nicht alle Vulkanausbrüche zeitigen so dramatische Folgen, doch wie Untersuchungen in der Franklin-Region ergaben, dürften dort mehrere Faktoren zusammengekommen sein: Die Lava bahnte sich ihren Weg offenbar durch sehr schwefelhaltige Sedimente, wodurch besonders große Mengen Schwefeldioxids freigesetzt wurden. Zudem begünstigten wohl die schon zuvor herrschenden klimatischen Bedingungen den raschen Aufstieg der Gase in die Stratosphäre.

Noch dazu befand sich das Vulkangebiet vor 717 Millionen Jahren nahe am Äquator, wo die Blockade der Sonneneinstrahlung besonders folgenreich ist. Laut Klimamodellen könnte das für die dramatische Vereisung durchaus gereicht haben, so Macdonald: "Die Abkühlung durch Aerosole musste nicht den ganzen Planeten einfrieren – denn ab einer kritischen Fläche macht das Eis durch die Rückstrahlung den Rest." (David Rennert, 14.3.2017)