Wien – Als Helmut Kratochvil, Zoologe und Bioakustiker vom Institut für Integrative Zoologie der Universität Wien, vor knapp 40 Jahren ein Unterwassermikrofon in einen Teich hielt, um die unter der Wasseroberfläche lebenden Tiere zu "erhören", war er recht erstaunt ob des Lärms, der sich ihm präsentierte.

Allein die Tiere konnten das seiner Meinung nach nicht sein. Er wiederholte seine Unterwasseraufnahmen in Aquarien und kam bald dahinter, dass es die Unterwasserpflanzen waren, die da sangen, knarrten und surrten. Und zwar taten sie das in genau dem Moment, als kleine Sauerstoffbläschen aus den Pflanzen traten – also wenn sie Photosynthese betrieben.

Vielsagende Schallimpulse

Um die Sauerstoffproduktion in der Pflanze zu messen, bedient man sich in der Pflanzenphysiologie unter anderem einer recht einfachen Methode: Man beobachtet die Pflanze und misst den Abstand zwischen den Zeitpunkten, wenn eine Sauerstoffblase aus einer Spaltöffnung der Pflanzenepidermis austritt. Kratochvil entwickelte gemeinsam mit einem Kollegen eine aktuell in der Fachzeitschrift "Scientific Reports" beschriebene Methode, mit der man die Intervalle der Blasenfreisetzung exakt mithilfe der eines Unterwassermikrofons vermessen kann.

Das Prinzip ist so einfach wie genial: Jedes Mal, wenn die Pflanze eine Blase an das Wasser abgibt, ertönt ein Schallimpuls. Je stärker die Pflanze Photosynthese betreibt, umso schneller werden Bläschen freigesetzt und umso rascher folgen die Schallimpulse aufeinander. Ein Rekorder nimmt die Impulse auf und mithilfe von Schallanalyseprogrammen werden diese analysiert und graphisch dargestellt.

Interessante Anwendungsmöglichkeiten

"Auf diese Art kann man die Zeit von Blase zu Blase auf eine Millisekunde genau messen", sagt Kratochvil. Zu hören sind dann klickende, singende und surrende Töne – Klänge, die man von einer Pflanzen nicht unbedingt erwartet. Die unterschiedlichen "Gesänge" kommen nicht nur durch unterschiedliche Frequenzen, sondern auch durch unterschiedliche Typen von Schallimpulsen zustande. Es gibt unregelmäßige und regelmäßige Impulse sowie solche, die in exakter Regelmäßigkeit ihre Frequenz verändern, was dann an eine Sirene erinnert.

Darüber hinaus untersuchten die Wissenschafter, wie sich die Frequenz der Schallimpulse ändert, wenn man Umweltbedingungen – etwa die Lichtintensität – variiert. Wird das Licht ausgeschaltet, beginnt sich die Geschwindigkeit der Photosynthese sofort zu ändern, die Frequenz der Schallimpulse nimmt exponentiell ab. Die neue Messmethode eröffnet laut Kratochvil "komplett neue Möglichkeiten für die Forschung in der Pflanzenphysiologie. Man könnte zum Beispiel die Wirkung von Umweltgiften auf die Photosyntheserate messen." (Bernadette Strohmaier, 20.3.2017)