Das Wohnhaus für Studierende und Young Professionals an der Dresdner Straße in Wien ...

Visualisierung: International Campus AG

... wird im kommenden Wintersemester eröffnet.

Visualisierung: International Campus AG

Horst Lieder bezweifelt, dass aus Studentenheimen Seniorenwohnen wird.

Foto: International Campus AG

Die deutsche International Campus AG hat vor kurzem ein in Bau befindliches Studentenheim an der Dresdner Straße gekauft. Geschäftsführer Horst Lieder will in Wien noch mehr All-inclusive-Wohnangebote für Studierende und Young Professionals schaffen.

STANDARD: Gibt es in Wien nicht schon genügend hochpreisige Angebote für Studierende?

Lieder: Ganz im Gegenteil: Der Markt und die Nachfrage sind riesig. Wir planen bis 2021 mindestens 3500 Apartments für Studierende und Young Professionals in Österreich und sind bereits in fortgeschrittenen Verhandlungen mit weiteren Projektentwicklern. In Wien gibt es zum Beispiel noch kein spezifisches Angebot für Young Professionals – junge Berufstätige also, die neu in der Stadt sind und die noch nicht wissen, ob und wie lange sie hierbleiben.

STANDARD: Wie unterscheidet sich diese Zielgruppe von Studierenden in ihren Wohnbedürfnissen?

Lieder: Young Professionals können sich mehr leisten als Studierende. Ihnen bieten wir unter anderem großzügiger geschnittene Apartments, die im Gegensatz zu den vollmöblierten Studentenwohnungen nur teilmöbliert sind. Ich weiß von meinen Kindern nämlich, dass man sich mit dem ersten selbstverdienten Geld etwas kaufen will. Ein Bett zum Beispiel: Die einen bauen sich eines aus Europaletten, die anderen gehen zu Ligne Roset. So können sie ihre Wohnungen individualisieren. In der Dresdner Straße in Wien werden wir die oberen beiden Stockwerke für Young Professionals herrichten. Sie werden ihre eigenen Gemeinschaftsflächen haben, weil sie mehr Ruhe wollen als Studierende. Das wird ein richtig tolles Produkt, davon bin ich überzeugt. In Hamburg bauen wir gerade ein dreigeteiltes Wohnprojekt für Studierende, Young Professionals – und Lehrlinge, weil Arbeitgeber dort Probleme haben, ihre Lehrstellen zu besetzen, weil die Lehrlinge keine leistbaren Wohnungen finden.

STANDARD: Kritiker orten bei Projekten wie in der Dresdner Straße unnötigen Luxus.

Lieder: Wir bauen keinen Luxus, sondern gehobenen Standard. Das Problem ist nicht, dass wir eine zu hohe oder unverhältnismäßige Miete verlangen. Das Problem ist, dass viele Projektentwickler und Kommunen Trends verschlafen haben und jahrelang fast nur Wohnraum für Familien geplant haben. Jetzt stellen sie fest, dass die Zahl der Singlehaushalte rapide wächst, für diese Gruppen aber Wohnungen fehlen. Wir bedienen einen kleinen Teil dieser Gruppe. Ganz allgemein muss man sagen: Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage geht immer weiter auf. Das ist eine riesige Herausforderung für große Städte.

STANDARD: Wo liegt das Problem?

Lieder: Wir haben in Deutschland bautechnisch alle Vorlagen für Wohnungen zu erfüllen, konkurrieren aber mit Entwicklern um Grundstücke, die Eigentumswohnungen für bis zu 14.000 Euro pro Quadratmeter verkaufen wollen. Mit unserem Produkt Fizz Basic versuchen wir dennoch niedrige Mieten zu erreichen: Dort sind die Zimmer 15 statt 21 Quadratmeter groß, und die Common Areas werden multifunktional genutzt. Damit können wir die Miete reduzieren – in manchen Städten beträgt sie dann all inclusive 400 statt 600 Euro.

STANDARD: Wie sollen diese Städte reagieren?

Lieder: Es dauert zu lange, bis Baurecht geschaffen wird, und es gibt zu wenige Grundstücke. Das müsste nicht der Fall sein, wenn Städte stärkere Verdichtung und höheres Bauen zulassen würden. Ich gehe ja zu Städten und sage: Gebt mir Baurecht über 99 Jahre. Dann muss ich nur den Baurechtszins zahlen und gebe das über günstigere Mieten weiter. Gott sei Dank hat Wien nie den Irrsinn gemacht, die Gemeindewohnungen an internationale Finanzinvestoren zu verkaufen, so wie das in Deutschland teilweise gemacht wurde. So hat Wien nun einen wunderbaren Puffer, um Mietentwicklungen auszupendeln. Hamburg hat auch reagiert, dort muss ein Drittel sozialer Mietwohnraum mit gedeckelten Mieten sein. Das finde ich gut, und wir unterwerfen uns dem gerne.

STANDARD: Kann man Ihr Produkt The Fizz in unterschiedlichen Ländern verwenden, oder gibt es nationale Unterschiede?

Lieder: Die Studierenden sind eine überraschend homogene Gruppe: Sie sind über soziale Medien verlinkt, studieren im Ausland. Es sind Menschen, die besser über die Welt Bescheid wissen, als wir das zu meiner Zeit taten.

STANDARD: Demografische Prognosen besagen: Wir werden immer älter. Wird aus studentischem also irgendwann Seniorenwohnen?

Lieder: Natürlich könnte man aus unseren Apartments auch normale Wohnungen oder Seniorenwohnungen machen. Aber wissen Sie, welche die 50 ältesten Institutionen der Welt sind? Eine davon ist die katholische Kirche, die anderen 49 sind Universitäten. Die Menschheit hat immer studiert, das wird nicht aufhören. Und die Zahl der Studierenden wächst weltweit dramatisch. Durch die Angleichung der Bildungssysteme und die steigende Mobilität gibt es eine weltweite Wanderung. Erst in Städte wie London, Berlin und Amsterdam. Nun kommt Österreich. Und zwar nicht, weil die Investoren nach Wien wollen, sondern weil Wien bei der jungen, internationalen Generation aufgrund seiner Lebensqualität einen so hohen Stellenwert hat. (26.3.2017)