Schnurren ist laut Paul Leyhausen, einem Pionier in der Katzenverhaltensforschung, eine kindliche Lautform. So schnurren beispielsweise schon Kätzchen kurz nach der Geburt, wenn sie gesäugt werden. Vermutet wird, dass die Jungkätzchen damit der Mutterkatze vermitteln wollen, dass alles in Ordnung ist – und umgekehrt.

Hier liegt vermutlich auch der Mythos begründet, dass Katzen nur dann Schnurren würden, wenn sie sich wohlfühlen. Ja, Katzen schnurren, wenn es ihnen gut geht – und sie tun es meist laut und ausdauernd – aber sie schnurren auch in anderen Situationen.

Schnurren bei Stress und Schmerzen

Katzen schnurren auch in Stresssituationen oder wenn sie sich unsicher fühlen. Das Schnurren dient dabei der eigenen Beruhigung. Aber auch wenn die Tiere Schmerzen haben, schnurren sie. Man geht davon aus, dass das Schnurren die Schmerzen lindern soll. Gegen die Annahme, dass es sich beim Schnurren um einen Wohlfühlmechanismus handelt, spricht auch, dass sich in den Wehen befindende Katzen bei der Niederkunft den vibrierenden Ton von sich geben. Katzen schnurren manchmal auch, wenn sie fremden Artgenossen begegnen – das Schnurren soll wohl den Fremden von der eigenen Harmlosigkeit überzeugen.

Sweet kittens

Schnurr-Theorien

Überraschenderweise ist noch immer nicht geklärt, wie Katzen das Schnurrgeräusch erzeugen. In der Wissenschaft gibt es zum Katzenton mehrere Theorien: 

  • Die "Theorie der falschen Stimmbänder" bringt das Schnurren mit einer Besonderheit des Stimmapparats der Katzen in Verbindung. Die Stubentiger besitzen nämlich neben den normalen auch noch ein Paar falsche Stimmbänder. Laut dieser Theorie fließt beim Ein- und Ausatmen ein Luftstrom über die falschen Stimmbänder und erzeugt das Schnurrgeräusch.
  • Die "Blut-Turbulenz-Theorie" lagert das Schnurren komplett aus dem Stimmapparat der Katze aus und sieht vielmehr Blut-Zirkulationen für das Schnurren verantwortlich. So kommt es gerade im Brustraum der Katze zu solchen Turbulenzen, weil hier die Hauptvene zusammengeschnürt wird. Noch dazu wird der Effekt durch das Zwerchfell verstärkt. Diese Theorie wird allerdings stark angezweifelt.
  • Die "Kehlkopf-Hypothese" besagt, dass das Schnurren durch Kontraktionen der Kehlkopfmuskeln und des Zwerchfells verursacht wird, die so die Stimmritze verengen und weiten, und so die Atemluft in Vibration versetzen.
  • Die "Zungenbein-Hypothese" macht das Zungenbein der Katzen für das Schnurrgeräusch verantwortlich. Während bei Großkatzen das Zungenbein elastisch ist, ist es bei anderen Katzen – so auch unserer Hauskatze – vollständig verknöchert. Hier sehen Vertreter dieser Theorie die Tatsache begründet, warum Großkatzen nur beim Ausatmen schnurren, unsere Hauskatzen jedoch kontinuierlich beim Ein- und Ausatmen.
Sho Ko

Die positiven Effekte – auch für den Menschen

Neben dem schon erwähnten Beruhigungsfaktor hat das Schnurren noch weitere positive Effekte auf Stubentiger. So aktiviert Schnurren beispielsweise die Selbstheilungskräfte verletzter Katzen. Besonders bei Knochenbrüchen kann Schnurren helfen: Die Vibrationen aktivieren die Muskulatur, die in Verbindung zu den Knochen steht, wodurch das Knochenwachstum angeregt wird.

Auch auf Menschen haben die Katzenlaute einen positiven Einfluss. Katzenschnurren wird in der Osteoporose-Therapie eingesetzt, um das Knochenwachstum anzuregen. Außerdem verschafft das Schnurren bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angstzuständen Linderung, oder senkt den Blutdruck. Manche Forscher gehen sogar so weit zu behaupten, dass Katzenschnurren dadurch das Leben verlängern kann. (Andrea Zutz, 5.4.2017)

Katzen schnurren, wenn sie sich wohl fühlen – aber nicht nur.
Foto: AP/Mary Altaffer

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