Ein lohnender Blick hinter die Fassaden: Altbaumieter zahlen oft zu viel, wissen aber zunehmend über ihre rechtlichen Mittel Bescheid.

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Mieter lassen immer häufiger überprüfen, ob sie zu viel Miete für ihre Altbauwohnung bezahlen – und erstreiten sich im Fall des Falles Geld zurück. Unternehmen, die sich darauf spezialisiert haben, gibt es mittlerweile zuhauf. Die Mietervereinigung bot vor kurzem im Rahmen einer erstmals veranstalteten "Mietzinswoche" auch Nichtmitgliedern eine Überprüfung ihrer Miethöhen an.

Ein Angebot, das von insgesamt 486 Menschen in Anspruch genommen wurde. "Die Sensibilisierung ist gestiegen", urteilt Alexandra Rezaei, Bundesgeschäftsführerin der Mietervereinigung. Günstiger Wohnraum sei aber ein knappes Gut geworden: Eine halbwegs leistbare Mietwohnung werde daher oft ohne große Diskussionen genommen, über die Miete dann erst später gestritten.

Generell werde das Angebot der Mietzinsüberprüfung eher von jüngeren Mietern angenommen, meint Rezaei. Deren Vorstellungen? "Keineswegs unrealistisch", urteilt sie. Was der Juristin auffällt: Ein Großteil der Mietverträge, die überprüft wurden, sind mittlerweile befristet. "Das führt dazu, dass viele vor einem Verfahren zurückschrecken, weil sie Angst um die Verlängerung ihres Mietvertrags haben."

Formular mit vielen Fragen

Wer seinen Mietzins überprüfen lassen will, der bekommt im Empfangsbereich der Mietervereinigung ein zweiseitiges Formular mit vielen Fragen ausgehändigt. Die wichtigsten Informationen für die Mietrechtler sind jene hinsichtlich der Ausstattung und des Baujahres des Hauses, was darüber Auskunft gibt, ob eine Preisregulierung vorliegt oder nicht. Letzteres sei aber nicht immer bekannt, sagt Rezaei: "Ich frage dann: Haben Sie hohe Räume und Flügeltüren?"

Über die Problematik befristeter Verträge weiß ein junger Mann, der gerade auf seinen Termin wartet, bereits genau Bescheid. In einem Jahr läuft sein Mietvertrag für eine 54 Quadratmeter große Wohnung im 15. Bezirk aus, für die er aktuell 450 Euro bezahlt. Darum, so sein Plan, will er noch die Verlängerung seines Vertrages abwarten – und dann die seiner Meinung nach zu viel bezahlte Miete zurückfordern. In seinem Freundeskreis hätten das schon einige gemacht, erzählt er. Ein Vorgehen, zu dem man übrigens auch bei der Mietervereinigung rät. Vor kurzem erst wurden vom SPÖ-nahen Verein 43.000 Euro an zu viel bezahlter Miete für einen Mieter zurückerstritten.

Auf einen ähnlichen Erfolg hofft auch ein junger Mann, der auf seinen Beratungstermin wartet: Seine Freundin habe ihn heute hergeschickt, erzählt er schmunzelnd, während er in seinem Mietvertrag blättert, der zur Beratung mitgebracht werden muss. Eine Frau am Nebentisch ist wegen der mit 1. April durchgeführten Wertanpassung der Richtwerte hier. Ihr Vermieter wolle ab sofort ihre Miete anheben, dabei gelte das für bestehende Mietverträge erst ab Mai, glaubt sie und wünscht sich Klarheit.

Sanierungsarbeiten im Haus

So wie ein Mann aus dem vierten Bezirk, dessen Küchenfenster auf den Hausgang hinausgeht: Seit im Rahmen von Sanierungsarbeiten im Haus Brandschutztüren errichtet und Brandmelder installiert wurden, könne er das Fenster beim Kochen nicht mehr öffnen, weil der Feueralarm ausgelöst werden könnte: "Ich frage mich, ob ich daher nun weniger Miete zahlen muss."

Eine ältere Dame, die an einem anderen Tisch gerade ihr Formular ausfüllt, ist davon überzeugt, dass sie schon seit 30 Jahren zu viel Miete bezahlt, weil die Nutzfläche in ihrem Mietvertrag falsch angegeben sei. Mittlerweile, so erzählt sie grimmig und kramt in der blauen Mappe, in der sie alle ihre Papiere feinsäuberlich sortiert hat, habe sie diesbezüglich sogar einen Bescheid der Schlichtungsstelle. Ihr Vermieter, eine Genossenschaft, habe ihre Miete aber noch immer nicht reduziert, sondern per Jahresanfang sogar noch erhöht: "Ich will mir nicht gefallen lassen, dass immer über unsere Köpfe hinweg bestimmt wird."

Zu hohe Lagezuschläge

Besonders häufig wird laut der Juristin Rezaei ein zu hoher Lagezuschlag berechnet. Das sei ein "immenses Problem", sagt sie und berichtet von Wohnungen im dritten Bezirk, wo für die Lage mehr als vier Euro pro Quadratmeter aufgeschlagen werden. "Da frage ich mich, wo die Legitimation ist – noch dazu, weil die Allgemeinheit ja für die Aufwertung einer Lage, wie etwa durch einen U-Bahn-Anschluss, bezahlt."

90 Prozent der Ratsuchenden wurde von der Mietervereinigung in der Mietzinswoche tatsächlich eine zu hohe Miete bescheinigt. Die meisten seien dann erst mal nach Hause gegangen, um über ihre Möglichkeiten nachzudenken, erzählt Rezaei. Ein Verfahren auf Hauptmietzinsüberprüfung wird bei der Schlichtungsstelle eingeleitet – bei unbefristeten Mietverhältnissen muss das binnen drei Jahren ab Vertragsabschluss geschehen, bei befristeten bis sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses.

Der junge Mann aus dem 15. Bezirk zeigt beide Daumen nach oben, als er aus dem Beratungszimmer kommt. Er lag mit seiner Einschätzung zur Miethöhe richtig: "Ich zahle einen knappen Hunderter zu viel. Ein Jahr noch bis zur Verlängerung meines Mietvertrages, dann lege ich los", kündigt er grinsend an und zieht dann davon. Wenig später kommt auch der Mann, den seine Freundin hergeschickt hat, heraus. Er wird auf ein Verfahren verzichten. Zwar würden er und seine Freundin wohl tatsächlich zu viel Miete bezahlen: "Aber es ist zu wenig, als dass sich das Klagen auszahlt." (Franziska Zoidl, 1.4.2017)