Global gesehen sinkt der Raucheranteil. Wegen des Bevölkerungswachstums gibt es absolut aber mehr Raucher denn je.

Foto: : APA/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Österreich liegt im europäischen Vergleich auf dem letzten Platz, was Maßnahmen zur Prävention betrifft.

Foto: APA/dpa/David-Wolfgang Ebener

Weltweit rauchen nahezu eine Milliarde Menschen. Der Anteil der Raucher und Raucherinnen an der weltweiten Gesamtbevölkerung schrumpft. Er ist zwischen 1990 und 2015 um fast ein Drittel auf 15,3 Prozent zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Global Burden of Disease" mit Daten aus dem Jahr 2015, die im Fachmagazin "Lancet" erschienen ist.

Der Rückgang wird damit begründet, dass viele Länder mittlerweile den Kampf gegen das Rauchen aufgenommen haben. Gleichzeitig gibt es aber – bedingt durch das stetige Bevölkerungswachstum – mehr Raucher und Raucherinnen auf der Welt.

Griffen im Jahr 1990 noch 870 Millionen Menschen täglich zur Zigarette, waren es im Jahr 2015 schon 933 Millionen. Das ist ein Plus von etwa sieben Prozent. Dabei sind global gesehen die deutliche Mehrheit der Raucher Männer. Jeder vierte (25,0 Prozent) raucht regelmäßig, aber nur 5,4 Prozent der Frauen. In Österreich ist der Unterschied kleiner: Die Männer liegen hierzulande mit einer Raucherquote von 30 Prozent knapp über dem globalen Schnitt, die Frauen mit einem Anteil von 23 Prozent deutlich darüber.

Mehr Frauen als in vergleichbaren Ländern

In den Industrieländern ist der Anteil zwar jenem der Männer generell näher, in mit Österreich vergleichbaren Staaten liegt er aber darunter: in Deutschland bei 19 Prozent der Frauen, in der Schweiz und den Niederlanden bei je knapp 17 Prozent.

Am stärksten sank die Rate der rauchenden Frauen in Österreich in den vergangenen Jahren: um 0,8 Prozent pro Jahr seit 2005. Allerdings war die Zahl der Raucherinnen in den 15 Jahren zuvor um 1,1 Prozent im Jahr gestiegen. Rund um die Jahrtausendwende gab es einen Peak. Im weltweiten Vergleich sank die Raucherquote in vielen Ländern vor allem in den Jahren zwischen 1990 und 2005 stärker.

Bei den Männern greifen drei von zehn hierzulande regelmäßig zur Zigarette. Dieser Anteil sank seit 1990 jedes Jahr ganz leicht (um 0,3 beziehungsweise 0,2 Prozent).

Zunahme der Todesfälle

Mehr als jeder zehnte Tod ist durch Rauchen verursacht. Damit ist Rauchen nach wie vor einer der führenden Risikofaktoren, um krank zu werden und vorzeitig zu sterben. "Den Berechnungen der Studie zufolge sind aktuell etwa 6,4 Millionen Todesfälle weltweit auf das Rauchen zurückzuführen, im Vergleich zum Jahr 2005 entspricht das einem Anstieg um fast fünf Prozent", sagt Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg, die zugleich WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle ist.

Deutschland gehört der Studie zufolge zu den zehn Ländern mit der höchsten Anzahl an Raucherinnen und Rauchern (absolut, nicht relativ bezogen auf die Bevölkerung ab einem Alter von zehn Jahren): 19,4 Prozent der Mädchen und Frauen sowie 25,2 Prozent der Jungen und Männer konsumieren in Deutschland täglich irgendeine Form von Tabak. Die größte Gesamtzahl an Rauchern ist in China (14,4 Millionen Frauen und 253,9 Millionen Männer), Indien, Indonesien und den USA zu Hause.

EU-Vergleich: Österreich ist Schlusslicht bei Prävention

Dass die globalen Todesfallzahlen trotz leicht sinkender Raucheranteile steigen, sei auf die demografische Alterung der Bevölkerung zurückzuführen. Ein Phänomen, das Ute Mons auch in Deutschland beobachtet: "Die geburtenstarken Jahrgänge der 1950er- und 1960er-Jahre, von denen vergleichsweise viele zur Zigarette gegriffen haben, kommen jetzt in ein Alter, in dem das Risiko für tabakbedingte Erkrankungen besonders hoch ist, was zu einem Anstieg der tabakbedingten Todesfälle führen wird", so Mons.

Die sogenannte Tobacco Control Scale, die Teil der Tabakpräventionstabelle der Europäischen Krebsliga ist, bewertet Tabakpräventionsmaßnahmen auf staatlicher Ebene. Hier nimmt Österreich unter allen 32 europäischen Nationen den letzten Tabellenplatz ein. Deutschland liegt auf dem vorletzten Platz. Sven Schneider, Leiter der Forschungsabteilung Kindergesundheit am Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin, Universität Heidelberg, spricht im deutschen Fall von einer verantwortungslosen Haltung der Politik: "Deutschland ist das einzige Land in der Europäischen Union, in dem Außenwerbung – also Plakatwerbung, Werbung und Bushaltestellen und so weiter – noch erlaubt ist. Damit werden vor allem Jugendliche angesprochen."

Warnung vor E-Zigarette

Zudem warnt er vor einer "technischen Revolution", die sich gegenwärtig hinsichtlich der Verbreitung der E-Zigaretten vollziehe: "Mit der E-Zigarette wird der Tabakmarkt zum Nikotinmarkt", sagt der Mediziner. Besonders gefährlich sei diese Entwicklung, weil zunehmend Jugendliche und junge Erwachsene, die bisher nie eine Tabakzigarette in der Hand hielten, nikotinhaltige E-Zigaretten konsumieren würden. Schneider: "Mit der E-Zigarette hat die Industrie nun eine Produktrevolution in den Händen, mit der der Suchtstoff Nikotin auf einfachste Weise weltweit Milliarden Menschen zugänglich gemacht werden kann."

Die Untersuchung "Global Burden of Disease" wurde 1992 von der Harvard School of Public Health, der Weltgesundheitsorganisation und der Weltbank ins Leben gerufen. Ziel des Projekts ist es, Entwicklungen international zu vergleichen und die jeweiligen Regierungen in ihrer gesundheitspolitischen Ausrichtung zu unterstützen.

Rückgang durch Gesetze

Die Expertengruppe des Beitrags in "The Lancet" nimmt an, dass gesetzliche Änderungen die Ursache für den Rückgang des Raucheranteils sind. Es dürfe aber nicht für selbstverständlich genommen werden, dass der Anteil der Tabakkonsumenten auf der Welt sinkt – insbesondere in weniger reichen Ländern und bei Frauen. Die Forscher warnen davor, dass sich die Tabakindustrie künftig auf afrikanische Länder südlich der Sahara fokussieren könnte, wo die staatlichen Kontrollen lückenhaft sind. (red, spri, APA, 6.4.2017)